Schulstart trotz Corona in China: Fieber messen in der großen Pause

An manchen Orten Chinas besuchen Schülerinnen und Schüler schon seit März wieder den Unterricht. Dabei gelten strenge Vorsichtsmaßnahmen.

Chinesische Mädchen mit Mundschutz recken eine Hand in die Höhe

Mit Drill und Maske: Erstklässler einer Pekinger Grundschule müssen stets Mundschutz tragen Foto: Ren Chao/imago

PEKING taz | Einst bildete Wuhan das Epizentrum des Corona-Ausbruchs. Diese Woche schickt die Hauptstadt der zentralchinesischen Provinz Hubei seine 1,4 Millionen ­Schüler wieder in den Unterricht – nach mehr als einem halben Jahr Online-Lernens. Die letzte Region der Volksrepublik kehrt damit zum regulären Schulalltag zurück.

Natürlich haben sich die Behörden mit strikten Notfallplänen für alle Eventualitäten vorbereitet: Die Schülerinnen und Schüler sollen demnach auch auf ihrem Heimweg Masken tragen und nach Möglichkeit U-Bahnen und Busse vermeiden. Das Lehrpersonal muss zudem einen täglichen Gesundheitsbericht an die Behörden vorlegen. Und wenn es zu einzelnen Infektionen kommen sollte, dann würde umgehend wieder auf Online-Unterricht von zu Hause umgestellt.

Der Fall Wuhan zeigt die Nervosität der Behörden in China. Während im Land von 1,4 Milliarden dieser Tage ein neues Schuljahr anfängt, soll ein Aufflammen des Virus um jeden Preis vermieden werden. Die benachbarte Sonderverwaltungszone Hongkong liefert ein warnendes Beispiel dafür, dass die Entscheidung zur Schulöffnung wohlüberlegt sein sollte.

Bereits Ende Januar wurden dort die knapp 900.000 Schüler in der Finanzmetropole nach Hause geschickt, als sich die Pandemie von Besuchern aus Festlandchina ausbreitete. Ende Mai schließlich schien die Situation so weit unter Kontrolle zu sein, dass die Schulen ihre Pforten wieder öffneten. Anfang Juli jedoch musste das Semester schließlich verfrüht beendet werden, nachdem eine weitere Coronawelle durch die ehemalige britische Kronkolonie ging – wobei es überraschenderweise bis dahin keine nachgewiesenen Corona-Infektionen in Hongkonger Schulen gab.

Strenger Maskenschutz in Peking

Deshalb ist man auch in Festlandchina überaus wachsam. Die Volksrepublik verfügt über den bislang wohl reichhaltigsten Erfahrungsschatz, wie man Unterricht im Zeitalter von Corona abhalten kann. Seit März gibt es nämlich bereits wieder physischen Schulalltag. Dann nämlich haben bereits einige ländliche Provinzen, die zu keinem Zeitpunkt stark von der Pandemie betroffen waren, ihre Bildungsstätten geöffnet.

Schule startet: Deutschland hat den Schulstart im Corona-Jahr bereits weitgehend hinter sich. Am oder kurz nach dem 1. September startet nun in vielen Ländern weltweit das Schuljahr. Viele Regierungen zögern jedoch mit einer Rückkehr zum Alltag – niemand möchte die Fehler Israels oder Australiens wiederholen. Dort wurden die Kinder zu früh wieder zusammen in die Schulen gesteckt, eine zweite Coronawelle war die Folge.

Schule startet nicht: Bleiben die Schulen geschlossen, fällt für Millionen Schüler:innen der Unterricht aus. Weil es keine stabile Internetverbindung gibt, weil die Familien keine oder nicht genügend Computer oder Smartphones haben. Ein Drittel aller Schulkinder weltweit, vermeldete Unicef vergangene Woche, blieb im Lockdown von Bildung ausgeschlossen: mehr als 463 Millionen Kinder und Jugendliche.

Das taz-Dossier: Die taz bringt zum globalen Schulstart 2020 Berichte unserer Korresponent:innen aus den USA, Brasilien, Uganda, den Niederlanden, China und weiteren Ländern. Alle Texte gebündelt finden Sie nach und nach hier.

In einigen abgelegenen Regionen ist mittlerweile praktisch wieder alles beim Alten: Die Schüler haben während des Unterrichts sogar ihre Masken abgenommen und können den Unterricht de facto ohne Auflagen fortsetzen.

In der Hauptstadt Peking hingegen, das allein aus politischem Willen „coronafrei“ gehalten werden soll, zeigt sich ein anderes Bild. Hier hat die Lokalregierung auch für das neue Schuljahr seit dem 29. August strenge Auflagen eingeführt: Sowohl Schüler als auch Lehrer müssen stets einen Maskenschutz tragen, nur bei Sportübungen im Freien – wenn Körperkontakt vermieden werden kann – dürfen diese abgenommen werden.

Zudem gilt weiterhin ein Mindestabstand von einem Meter, der auch im Klassenzimmer durchgehalten wird. Schüler, die sich in den letzten zwei Wochen außerhalb Pekings aufgehalten haben, müssen einen Virustest vorweisen.

Wärmebildkamera vor der Schule

In weniger urbanen Gegenden hingegen lassen sich Abstandsregeln im strengeren Sinne kaum umsetzen. Das hat vor allem praktische Gründe: Bei durchschnittlichen Klassengrößen von über 30 Schülern und vergleichsweise kleinen Unterrichtsräumen lassen sich Abstände von mehr als einem Meter einfach nicht einhalten. Aus diesem Grund haben die meisten Lokalregierungen vor allem bei der Maskenpflicht auf strenge Vorgaben gesetzt.

Für die gesamte Volksrepublik gelten jedoch ein paar grundlegende Maßnahmen: Vom Betreten der Schule bis hin zur letzten Stunde wird jedem Schüler mehrmals die Körpertemperatur gemessen. In den urbanen Städten wie Schanghai oder Shenzhen stehen dafür oftmals moderne Wärmebildkameras vor den Schulgebäuden bereit.

Ansonsten werden klassische Fieberthermometer oder Handscanner benutzt. Nach dem Unterricht müssen die Eltern den Fiebermessjob übernehmen – und vorm Schlafengehen und nach dem Aufstehen die Temperatur ihrer Kinder in einer Chat-Gruppe durchgeben.

Als am Montag, 31. August, die Parteizeitung der KP-Führung, People’s Daily, auf ihrem Social-Media-Account ein Video über das neue Schuljahr veröffentlichte, hagelte es von einigen Nutzern auch negative Kommentare. Viele Schüler berichten dort, dass sie ihre Internate über das gesamte Semester über nicht verlassen dürften. So schrieb ein User, ohne konkreter zu werden: „Ich wollte sehr gerne wieder zurück in die Schule gehen, aber da wusste ich noch nicht, dass ich in der Schule feststecke.“

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