Nachruf auf Niki Lauda: Eine Überdosis Selbstbewusstsein

Er fuhr Rennen, investierte in Airlines und auch zur Staatskrise in Österreich wäre ihm etwas eingefallen. Rennlegende Niki Lauda ist tot.

Niki Lauda im Gespräch mit einem Mann

Niki Lauda wurde von Enzo Ferrari entdeckt. Seine Leidenschaft für Rennsport behielt er lebenslang Foto: dpa

WIEN taz | Niki Lauda hatte ein seltsames Talent, die großen Katastrophen seines Lebens mit Krisen der Republik zu synchronisieren. Als er am 1. August 1976 auf dem Nürburgring verunglückte und aus dem brennenden Formel-I-Boliden gerettet wurde, stürzte in Wien die Reichsbrücke ein. Die Nachricht von seinem Tod platzt mitten in einen politischen Ausnahmezustand, dessen Ausgang noch ungewiss ist.

Lauda, wahrscheinlich der international bekannteste zeitgenössische Österreicher, hat in seinem 70-jährigen Leben diverse Schicksalsschläge erlebt. Der Spross einer Wiener Industriellenfamilie hätte wahrscheinlich als Playboy ohne Geldsorgen leben können, hätte er nicht früh seine Leidenschaft für den Motorsport entdeckt. Ausgestattet mit einer Überdosis Selbstbewusstsein kaufte er sich auf Kredit in die Rennsportszene ein, saß schon mit 22 Jahren im Cockpit eines Formel-I-March-Ford und wurde bald von Enzo Ferrari entdeckt.

Seine finanziellen Forderungen für den Wechsel des Rennstalls – umgerechnet rund 220.000 Euro – stießen, wie Lauda später gerne erzählte, zunächst auf Unverständnis: „Dann hat er mich gefragt, ob ich deppert bin.“ 1975 war er mit Ferrari erstmals Weltmeister. Nach seinem zweiten Titel 1977 stieg er zum bestverdienenden Rennfahrer seiner Zeit auf. Dazwischen lag der Unfall, der jede anderen Karriere wahrscheinlich beendet hätte. Niki Lauda saß 42 Tage später aber schon wieder im Cockpit und wurde 1976 zumindest Vizeweltmeister.

Nach dem dritten Titel verkündete er, es sei ihm zu blöd, „weiter „im Kreis zu fahren“, kehrte dem Rennzirkus den Rücken, machte den Pilotenschein und gründete 1979 die Lauda Air, die vorwiegend Urlaubsdestinationen anflog. Insgesamt sollten es vier Airlines werden, die er schuf und wieder verkaufte. Darunter Fly Niki und zuletzt Laudamotion.

Längst zur lebenden Legende geworden, wurde er von Journalisten zu allem und jedem um seine Meinung gefragt

Den 26. Mai 1991, als 213 Passagiere und die zehnköpfige Crew einer Boeing 767 bei einem Absturz über Thailand ums Leben kamen, sah Lauda als „schwärzesten Tag“ in seinem Leben. Schuld war, wie die Untersuchung ergab, ein Konstruktionsfehler. Lauda, der sich gerne selber ans Steuer setzte, überlebte die Katastrophe auch als Geschäftsmann. Als Berater, Teamchef und Kommentator kehrte er später in die Formel I zurück.

Längst zur lebenden Legende geworden, wurde er von Journalisten zu allem und jedem um seine Meinung gefragt und hätte zweifellos auch zur gegenwärtigen Krise seinen Senf abgegeben. Nie ließ er sich ohne die rote Schirmkappe, die seine Brandnarben verdeckte, in der Öffentlichkeit blicken. Seine Prominenz empfand er als Last: „Das Problem ist, dass du ununterbrochen unter Beobachtung stehst. Irgendwo zu sitzen und theoretisch Nasenbohren, das kannst vergessen“.

Niki Lauda lebte mit zwei Spendernieren, vergangenen Sommer unterzog er sich einer Lungentransplantation – alles Spätfolgen seines Unfalls. Seither ließ er sich kaum mehr in der Öffentlichkeit blicken. In der Nacht auf Dienstag ist er im Kreis der Familie gestorben.

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