„Baum-Wahllokale“: Ein Kreuzchen für den Ahorn

Grün wählen mal anders: Künstler Ben Wagin lädt am Sonntag zur „Baumwahl“. Die Auserkorenen sollen einen Europa-Hain im Spreebogenpark bilden.

Ihm kommt nur Europa aufs Brot: Künstler-Urgestein Ben Wagin Foto: Claudius Prößer

Nicht alles, was man wählen kann, ist eine Politikerin. Neben der Wahl zum EU-Parlament am Sonntag öffnen von 10 bis 18 Uhr auch drei besondere Wahllokale in Berlin, auf deren Listen Linden, Ahorne oder Amberbäume stehen. Wer die nominiert hat? Klar: Baumpate Ben Wagin.

Der knapp 90-jährige Anekdotenerzähler, Aktionskünstler und Anpflanzer öffnet die „Baum-Wahllokale“ in seinem Wohnhaus an der Joseph-Haydn-Straße im Hansaviertel, im „Parlament der Bäume“ neben der Bundespressekonferenz und im Spreebogenpark zwischen Kanzlerinnenamt und Hauptbahnhof. Den wenig genutzten Park hat der Netzwerker Wagin als Pflanzort für 47 Bäumchen klargemacht, die per Spende „gewählt“ werden können – für die nächsten 99 Jahre, wie der Künstler anmerkt.

KandidatInnen sind „27 Baum­arten, die anpassungsfähig und robust genug sind, um das zukünftige Klima in Europa auszuhalten und E_UROPA am Leben zu halten“, heißt es in der Einladung des Berliner Baumpatenvereins e. V., der größtenteils aus Wagin selbst besteht und mit vielen UnterstützerInnen schon Hunderte Bäume in den Berliner Boden gebracht hat. Aus der Luft betrachtet sollen die Jungbäume das Signet „UROPA“ formen, was man in der Wagin’schen Diktion nicht wie den Großvater-Vater ausspricht, sondern einfach wie Europa ohne E.

Ob das am Ende so oder doch irgendwie anders aussieht, weiß man bei Ben Wagin nie genau, es ist auch nebensächlich. Wichtig zu wissen ist nur, dass der Mann pflanzt, wenn man ihn pflanzen lässt. Beim „Parlament der Bäume“ auf dem ehemaligen Mauerstreifen tut er das schon fast 30 Jahre lang, seit vergangenem Jahr erst ist das Natur-Kunst-Konglomerat denkmalgeschützt, und vor wenigen Wochen hat die Lotto-Stiftung mit einem größeren Betrag den Grundstein für eine dauerhafte Öffnung des Ortes gelegt.

Dass Wagin neben dem Bäumepflanzen auch noch andere Kunst macht, ist in der Joseph-Haydn-Straße 1 zu besichtigen: Die Ausstellung im Souterrain, das früher Wagins Atelier beherbergte (heute wohnt er noch in der Beletage, gearbeitet wird vor allem auf dem Gleisdreieckgelände), zeigt Organisch-Amorphes und Ornamentales im Spannungsfeld von Natur und Geschichte. (clp)

Die „Baum-Wahllokale“: 1. Parlament der Bäume (Schiffbauerdamm/Adele-Schreiber-Krieger-Straße), 2. Berliner Baumpatenverein (Joseph-Haydn-Straße 1), 3. Spreebogenpark, im Pavillon mit den weißen Europa-Säulen, jeweils von 10–18 Uhr am 26.05.2019.

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