Europa-Loks der Deutschen Bahn: Das hat Europa nicht verdient

Die Bahn schickt drei Güterloks mit Wahl-Botschaft auf die Schiene. Deren notorische Verspätungen bringt die Fahrpläne der Nachbarn durcheinander.

Eine Lok der Deutschen Bahn, beklebt mit einem "I am European" Schriftzug

Überquert Grenzen Problemlos: Die DB-Europa-Bahn Foto: dpa

Es soll Werbung für den europäischen Gedanken sein, aber gerade hartgesottene EU-GegnerInnen dürften Spaß an der Botschaft haben: Wenige Tage vor Beginn der Wahlen zum Europäischen Parlament hat die Deutsche Bahn eine Güterzuglokomotive ihrer Tochter DB Cargo auf europäisch getrimmt. „I am European.“ („Ich bin Europäer.“) steht in großen dunklen Buchstaben auf weißem Grund. Das „O“ in „European“ besteht aus einem europablauen Kreis, in dem das „I“ neben einer von den gelben Sternen der Europaflagge umgebenen Vorderansicht einer Lok prangt. Darunter steht „Europe“.

„Insgesamt drei Loks werden als ‚europäischer Botschafter‘ beklebt“, teilt eine Sprecherin der Deutschen Bahn mit. Was die Zugmaschinen aus Sicht der Bahn-Werbeleute als „europäische Botschafter“ qualifiziert: Sie sind mit Stromsystemen unterschiedlicher Länder ausgestattet. Deshalb können die sogenannten Mehrsystem-Lokomotiven Grenzen in Europa überqueren, ohne dort halten zu müssen.

Mehr als 25 Jahre nach Schaffung des europäischen Binnenmarkts sind von den 2.700 Loks der DB Cargo ganze 350 so ausgerüstet und damit für den grenzüberschreitenden Verkehr geeignet. Andere Loks aus Deutschland – also die meisten – müssen vor dem Grenzübertritt ausgetauscht werden. Das kostet eine Menge Zeit. Und davon hat die Deutsche Bahn, wie alle Reisenden zur Genüge wissen, wirklich nicht genug.

Das gilt nicht nur im Personen-, sondern erst recht im Güterverkehr. Nach Angaben der Bahn hat die DB Cargo in Deutschland eine Pünktlichkeitsquote von 73 Prozent. Das sei besser als der Marktdurchschnitt, der bei 60 Prozent liegt, heißt es. Im Güterverkehr gibt es, anders als im Personenfernverkehr, Konkurrenten. Sie jagen der DB Cargo immer mehr Geschäfte ab, so dass die heute nur noch einen Marktanteil von etwa 50 Prozent hat.

Bizarres Signal

Die Pünktlichskeitsquote der DB Cargo mag besser sein als die der Konkurrenz, aber sie ist schlechter als die im deutschen Personenfernverkehr von aktuell um die 78 Prozent, die im allgemeinen als katastrophal empfunden wird. Es ist also nachvollziehbar, dass die Bahngesellschaften in der europäischen Nachbarschaft deutsche Züge gar nicht schätzen. Denn die bringen wegen ihrer notorischen Verspätungen die gut funktionierenden Fahrpläne der anderen oft durcheinander.

Eine Lok der Deutschen Bahn als „europäischer Botschafter“ – das ist ein bizarres Signal. Die Bahn in Deutschland steht für das Versagen diverser Bundesregierungen, für eine funktionierende und ökologische Verkehrsinfrastruktur zu sorgen. Systematisch haben sozialdemokratische und christsoziale Verkehrsminister die Bahn in den vergangenen 20 Jahren heruntergewirtschaftet. Die Folge: Deutsche Züge kommen zu spät oder gar nicht, über viele Jahre wurden Schienenstrecken stillgelegt, Güterbahnhöfe in großem Stil abgerissen. Allerorten entstehen große Logistikzentren von Internethändlern, die gar keinen Schienenanschluss haben.

Dabei ist der Ausbau des Güterverkehrs auf der Schiene unausweichlich, wenn die europäischen Staaten ihre Klimaziele erreichen wollen. Warentransporte mit Lkws verstopfen nicht nur die Straßen, sondern schaden auch dem Klima gewaltig. Es ist grotesk, dass Transporte in Europa mit dem Laster zuverlässiger und schneller sind als mit der Bahn. Die Deutsche Bahn gehört zu den größten Frachtbahnen Europas – und deshalb zu den Hauptverantwortlichen für diesen Zustand. Sie fährt Verluste ein, ist unbeliebt und ein Symbol für Missmanagement. Solche Botschafter hat Europa wirklich nicht verdient.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.