Diesel-Fahrverbote in Stuttgart: Schwarz-Grün droht Zwangsgeld

Die Umwelthilfe hat in Stuttgart erfolgreich auf Fahrverbote für Diesel der Euro-Norm 5 geklagt. Das Land sperrt sich – der Streit eskaliert.

Luft-Messstation für Feinstaub und Stickoxide am Stuttgarter Neckartor

Hier wird gemessen: Station für Feinstaub und Stickoxide am Stuttgarter Neckartor Foto: dpa

BERLIN taz | Wenn die Politik auf die Gesetze pfeift, müssen die Gerichte ran – so passiert es seit der Aufdeckung des Dieselgate-Skandals im September 2015, wenn auch nur sehr stockend. Deshalb geht die Deutsche Umwelthilfe (DUH) nun das Thema mit immer härteren Bandagen an. Neue Eskalationsstufe: Nicht nur Gerichtsurteile, sondern Zwangsgeld wegen überschrittener Stickoxid-Grenzwerte.

Am Montag wurde der grün-schwarzen Landesregierung in Stuttgart ein Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart wegen überschrittener Grenzwerte am Stuttgarter Neckartor zugestellt. Danach wird dem Land Baden-Württemberg ein Zwangsgeld von 10.000 Euro angedroht, wenn es nicht bis zum 1. Juli Fahrverbote für Dieselfahrzeuge mit Euro-5-Norm in den Luftreinhalteplan aufnimmt. Gegen den Beschluss ist noch eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof möglich.

Diesel der Kategorie Euro 4 und schlechter dürfen bereits seit dem Jahreswechsel die innerstädtische Umweltzone in Stuttgart nicht mehr befahren. Seit dem 1. April gilt dies auch für die Einwohner der Landeshauptstadt Baden-Württembergs.

Das Land hält Fahrverbote über die Abgasnorm Euro 4 hinaus jedoch für unnötig – und verweist auf ein Maßnahmenpaket, zu dem unter anderem Busspuren, Schadstoff-Filter und ein spezieller Asphalt gehören. Es kämen allenfalls nur noch einzelne, streckenbezogene Verbote für Euro-5-Diesel in Betracht, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) noch vor drei Wochen. „Aber wir tun alles, um das auch zu vermeiden.“ Vize-Regierungschef Thomas Strobl (CDU) sagte damals: „Es ist jetzt klar: Kein zonales Euro-5-Verbot in Stuttgart.“ Die Maßnahmen zur Luftreinhaltung wirkten, erklärten beide.

Bereits die dritte Zwangsgeld-Drohung

„Wann endlich versteht die grün-schwarze Landesregierung, dass Recht und Gesetz auch dann einzuhalten sind, wenn die schwäbischen Autokonzerne damit nicht einverstanden sind?“, sagte hingegen Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH, am Montag.

Es wäre nicht das erste Zwangsgeld für das Land. Einmal hat die Landeskasse bereits 10.000 Euro bezahlt, ein zweites Mal hat das Gericht dieses angedroht, nun kommt die dritte Drohung dazu.

Jürgen Resch, DUH

„Wann endlich versteht die grün-schwarze Landesregierung, dass Recht und Gesetz auch dann einzuhalten sind, wenn die schwäbischen Autokonzerne damit nicht einverstanden sind?“

Auch in einem Streit mit Anwohnern des Neckartors – hier steht eine der Messstationen mit den höchsten Stickoxidwerten in Deutschland – hatten dem Land Zwangsgelder gedroht, dieser Fall ist mittlerweile aber erledigt. Das Geld geht in solchen Fällen auch nicht an die Kläger, sondern in die Justizkasse – und bleibt damit letztlich beim Land.

Es ist bundesweit nicht das erste Mal, dass die Justiz für saubere Luft mit Zwangsgeld drohen muss. Obwohl Richter bereits etwa in München, Düsseldorf, Aachen, Gelsenkirchen und Frankfurt am Main die Landesregierungen angewiesen haben, Fahrverbote wegen überschrittener Grenzwerte zu prüfen und anzuordnen, weigern sich die zuständigen Behörden häufig, den Urteilen nachzukommen. Oft legen sie Berufung ein.

Daher klagt die DUH auf Zwangsgeld, das die Landesregierungen aber häufig wenig beeindruckt – wandert das Geld doch nur von einer Haushaltsstelle in eine andere. Deshalb prüfen die Richter in einem Verfahren in München mittlerweile Beugehaft für Beamte und Minister. Dafür bat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Europäischen Gerichtshof bereits im vergangenen Jahr zu klären, ob er bayerische Amtsträger inhaftieren darf, um ein Diesel-Fahrverbot in München zu ermöglichen. (mit dpa/afp)

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