Tennis-Hype vor der Italian Open: Italienische Renaissance

Die Erfolge der Tennisspieler haben einen Hype in Italien ausgelöst. Entsprechend groß ist die Kartennachfrage bei den am Sonntag beginnenden Italian Open.

Matteo Berrettini schlägt einen Tennis

Schlagkräftig: Matteo Berrettini, 23, zählt in Rom zu den Favoriten Foto: dpa

Noch schwieriger als die Ticketsuche für die am Wochenende startende Italian Open ist die Anfahrt zum zentral gelegenen Foro Italico – in Rom gehören Verkehrsprobleme einfach zum Alltag. Für das Männer- und Frauenfinale sind nur noch die teuersten Tickets übrig geblieben, auch die Viertel- und Halbfinale sind fast ausverkauft. Der Aufschwung des italienischen Tennis macht sich bemerkbar. Die Italian Open ist die schönste Bühne für die besten einheimischen Talente.

Bei den Männern stehen 19 italienische Spieler unter den ersten 200 der ATP-Weltrangliste. Mehr können nur die USA (20) aufweisen. Und kein weiteres Land hat 2019 schon drei ATP-Titel geholt: Der 23-Jährige Matteo Berrettini hat in Budapest gewonnen, Marco Cecchinato in Buenos Aires und Fabio Fognini in Monte Carlo, wo er im Finale den Weltranglistenzweiten Rafael Nadal geschlagen hat. Kürzlich beim ATP-Turnier in München erreichte Cecchinato das Halbfinale, Berrettini sogar das Finale. Auf den Sandplätzen des Foro Italico werden die drei besondere Aufmerksamkeit genießen.

Ein solcher Durchbruch auf hohem Niveau hat verschiedene Gründe. Einer wiegt aber besonders schwer. Im italienischen Tennis ist ein großer Ehrgeiz spürbar. Das gilt sowohl für die Politik des Verbands (FIT) als auch für die Spieler und das Publikum. „Vorher kam man zum Foro Italico bloß zum Jubeln. Jetzt kommen die Leute, um sich die Spiele anzuschauen“, sagte der heute 85-jährige und zweimalige French-Open-Sieger Nicola Pietrangeli.

Angefangen hat der Aufschwung mit den Frauen. Zwischen 2006 und 2013 hat Italien 3-mal die Federation Cup gewonnen, während Roberta Vinci und Sara Errani in sechs Jahren insgesamt 22 Titel geholt haben, darunter 5 Grand Slams. Die Männer haben sich von diesen Erfolgen inspirieren lassen: Einige Spieler haben sich für Trainerwechsel entschieden, andere haben Strategie und Trainingsmethoden verändert.

Die Wende begann 2011, als Italien nach elf Jahren den Aufstieg in die Davis-Cup-Weltgruppe schaffte. Das hatte eine große symbolische Bedeutung, zumal das Team um Fabio Fognini in Chile gewann, in dem Land, wo 1976 der historische Davis-Cup-Sieg gelang. Seitdem hat Italien keinen Grand-Slam-Titel mehr geholt – bis 2015, als das Duo Fabio Fognini/Simone Bolelli bei den Australian Open triumphierte.

Die jungen Talente drängen nach oben

Als Vorbild der neuen Mentalität gilt Matteo Berrettini: Für sein Alter (23 Jahre) ist er bereits sehr weit. Das war bislang eher untypisch im italienischen Tennis. Fognini wird zwar seit Jahren als großes Talent bezeichnet, konnte sich aber erst durchsetzen, als er über 30 Jahre alt war. Francesca Schiavone und Flavia Pennetta haben erst mit jeweils 30 und 33 Jahren ihre Karrierehöhepunkte gefeiert. Jetzt dagegen drängen die jungen Talente nach oben. Der 17-Jährige Lorenzo Musetti hat im Januar bei den Australian Open das Junior-Turnier gewonnen und wurde vom Weltranglistenersten Novak Djokovic für seine mentale Stärke gelobt. Große Hoffnungen werden auch in den Süd­tiroler Jannik Sinner, 17, gesetzt, der mit seinem zielorientierten Stil an Djokovic erinnert. Mit 13 Jahren wurde er ita­lienischer Riesenslalom-Meister, erst danach wechselte der Wintersportler zum Tennis.

Zur Renaissance des italienischen Tennis hat der nationale Verband entscheidend beigetragen. Unter dem Präsidenten Angelo Binaghi hat man das Turnier in Rom immer weiter professionalisiert. Die Anlage wurde renoviert und das Turnier nach dem Grand-Slam-Vorbild umgestaltet. Männer und Frauen spielen jetzt gleichzeitig, was die Italian Open für Publikum und Sponsoren attraktiver gemacht hat. Außerdem baute der Verband 2008 den Free-TV-Sender „Supertennis“ auf. In den letzten zehn Jahren ist der Umsatz um 300 Pfrozent gestiegen.

Traditionell gilt Tennis als Elitesport. Seit 2012 gehören jedoch Klubmitglieder automatisch dem Tennisverband an, was mehr Einnahmen, aber auch eine bessere Übersicht über die Zahl der Talente zur Folge hat. 2018 war ein Rekordjahr für den Tennis-Verband: 11 Prozent mehr Mitglieder verbuchte der FIT, dem nun 373.000 Menschen angehören. Größer ist nur der Fußballverband in Italien.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.