Ergebnisse der Wahlen in Südafrika: ANC gewinnt und verliert

Südafrikas Wähler strafen ihre Regierung ab, wollen aber keinen Wechsel. Am linken und rechten Rand gewinnen dennoch Protestparteien hinzu.

Eine Frau läuft an ANC-Wahlplakaten vorbei

ANC-Wahlplakate in Johannesburg Foto: reuters

JOHANNESBURG taz | 25 Jahre nach Ende der Apartheid hat Südafrikas regierender Afrikanischer Nationalkongress (ANC) sein historisch schlechtestes Wahlergebnis eingefahren. Zum ersten Mal erreichte die ehemalige Befreiungsbewegung von Nelson Mandela bei den Wahlen vom Mittwoch nicht einmal 60 Prozent. Nach Auszählung von rund der Hälfte der Stimmen am Donnerstagnachmittag lag der ANC bei unter 57 Prozent. Die Zeiten der komfortablen Zweidrittelmehrheit scheinen endgültig vorbei.

Der Stimmenverlust des ANC, der sich erst vor einem Jahr mit Cyrl Ramaphosa eine neue Führung gegeben hatte, kommt der Opposition nur teilweise zugute. Die liberale Demokratische Allianz (DA), die sich von ihrer Zeit als weiße Opposition längst entfernt hat und sich mit ihrem schwarzen Fraktionsvorsitzenden und ihrem Fokus auf eine multiethnische Wählerschaft große Hoffnungen gemacht hatte, könnte nach Prognosen sogar noch hinter ihre 22,2 Prozent aus dem Jahr 2014 zurückfallen. Am Donnerstagnachmittag lag sie bei etwas über 23 Prozent, mit sinkender Tendenz.

Einstige weiße DA-Stammwähler liefen offenbar zu ­einer ultrakonservativen rechten Kraft über: Die „Freiheitsfront Plus“ lag bei 3 Prozent und konnte auf 4 hoffen, gegenüber weniger als 1 Prozent vor fünf Jahren. „Das ist die Partei der Buren, und ihr Erfolg 2019 liegt daran, dass ländliche Farbige und konservative Weiße zu ihnen übergelaufen sind“, sagt der politische Analyst Izak Kgomo.

Für viele konservative Weiße ist die DA nicht mehr die Wahlheimat – und sie zieht nicht genügend schwarze Wähler an. Deutliche Zugewinne verzeichnen vielmehr die linkspopulistischen „Kämpfer für wirtschaftliche Freiheit (EFF)“, die den ANC als korrupt verdammen, eine Enteignung der Wirtschaft fordern und mit rund 10 Prozent ihr Ergebnis von 2014 erheblich verbessern.

Ein deutliches Signal

Die beiden Zentrumsparteien ANC und DA bewahren sich bei diesen für Südafrika entscheidenden Wahlen den Löwenanteil – aber der Zuwachs für die linke schwarze EFF und die rechte weiße Freiheitsfront sendet ein deutliches Signal, meint Analyst Ralph Matshega: „Wir entfernen uns immer mehr vom politischen Zentrum. Die Gesellschaft hat zwar die von diesen beiden Parteien propagierte Radikalität als Basis für Südafrikas Politik abgelehnt, aber auch klar gemacht: Wir wollen etwas davon in unserer Politik.“ Und: Hautfarbe ist immer noch ein wichtiger Faktor.

Die Wahlbeteiligung war mit rund 65 Prozent geringer als bei vorherigen Wahlen. Auch das ist ein Zeichen für die Desillusionierung vieler Südafrikaner mit der Politik angesichts der wachsenden sozialen Ungleichheit. Besonders in den einst ANC-treuen Townships sind viele Menschen nicht zur Wahl gegangen. In der zentralen Provinz Gauteng mit der Millionenstadt Johannesburg und der Hauptstadt Pretoria hat der ANC nur noch knapp 50 Prozent geholt und wird möglicherweise mit DA oder EFF eine Koalition bilden müssen. DA erhielt in Gauteng über 27 Prozent, EFF hat 14 Prozent erhalten, vor allem in den urbanen Zentren bei jungen Leuten und Studenten.

Weiterhin DA-Territorium ist die Provinz Westkap mit der Metropole Kapstadt. Der ANC hat dort nur rund 30 Prozent, gegenüber über 50 für DA. Das war vorauszusehen, sagt Melanie Verwoerd, frühere ANC-Parlamentarierin und politische Kommentatorin. „Der ANC hatte seit langer Zeit Probleme mit der politischen Führung, sie sind unorganisiert und haben kein Geld.“ Aber anders als von DA erhofft ist der Rest Süd­afrikas diesem Trend nicht gefolgt.

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