„11-Punkte-Plan“ zum Baumschutz: Bäume bald noch grüner

Die Grünen starten eine Offensive zum Schutz von Straßenbäumen. Mittel pro Baum sollen verdoppelt, über Fällungen transparenter informiert werden

Niccht jeder Berliner Straßenbaum erfährt so viel Zuneigung Foto: dpa

Die BerlinerInnen und ihre Stadtbäume – das ist eine durchwachsene Beziehung. Viele lieben das Grün in den Straßen und Grünanlagen, und wenn irgendwo eine Motorsäge kreischt, reagieren sie empört. Anderen ist das alles wurscht, sie rammen Linde, Eiche oder Ahorn schon mal beim Gehwegparken oder lassen die Baumscheibe von ihrem Hund mit Haufen verzieren. Aber auch wer die Schönheit der Großgewächse nicht zu schätzen weiß, profitiert von ihren mikroklimatischen Vorzügen: Schatten, Verdunstungskühle, schadstoffärmere Luft.

Weil die rund 430.000 Bäume am Straßenrand (Stand Ende 2017) und ihre KollegInnen in Parks und Gärten unter Extremwetterereignissen wie Orkan „Xavier“ oder dem vergangenen Dürresommer, aber auch unter Vernachlässigung leiden, starten die Grünen jetzt eine Offensive zu ihrem Schutz. Am Freitag präsentierten Turgut Altuğ, naturschutzpolitischer Sprecher seiner Fraktion im Abgeordnetenhaus, und Fraktionschefin Silke Gebel einen „Grünen 11-Punkte-Plan für mehr Bäume und Baumpflege“. Mit dabei waren auch die grüne Umweltstadträtin Clara Herrmann aus Friedrichshain-Kreuzberg und BUND-Baumexperte Christian Hönig.

„Wir haben es uns nicht einfach gemacht und nicht Theo­rie für die Schublade produziert“, sagte Altuğ. Stattdessen seien viele Gespräche mit ExpertInnen geführt worden, um möglichst konkrete Vorschläge zu erarbeiten. Laut Gebel hätten alle Fachleute dazu geraten, die Mittel für die Baumpflege massiv auszuweiten. Dem pflichtete Hönig auch bei: „Die Grünflächenämter sind heute personell und finanziell am Limit.“

Entsprechend soll im Rahmen des Doppelhaushalts 2020/21 jeder Bezirk 80 Euro pro Straßenbaum und Jahr erhalten – das wäre fast die Verdopplung der heute eingesetzten Mittel. Weil das Land den Bezirken die Verwendung der Mittel nicht einfach vorschreiben kann, sollen mit ihnen sogenannte Zielvereinbarungen für Pflege und Neupflanzungen abgeschlossen werden.

Clara Herrmann, in deren Bezirk 42.000 Bäume – davon 16.000 Straßenbäume – leben, betonte, wie wichtig Expertise bei Pflege und Neupflanzung sei. Bei der kostensparenden Vergabe an Drittfirmen wie derzeit wachse im Bezirk aber kein dauerhaftes Know-how heran. Der neue Leiter des Straßen- und Grünflächenamts komme selbst aus dem ­Forstbereich und wolle das erfreulicherweise „lieber selber machen“. Deshalb sei eine Regelfinanzierung so wichtig.

Weitere Punkte: Der Senat soll die „Betreuung“ neu gepflanzter Bäume im Rahmen der Stadtbaumkampagne für die ersten zehn – statt bisher drei – Jahre übernehmen. Ein „Sommerdienst“ zur Bewässerung in Trockenzeiten soll zusammen mit den Bezirken, der BSR und den Wasserbetrieben eingerichtet werden. Baumpatenschaften sollen erleichtert, alte Bäume besonders geschützt und Verstöße privater Grundstückseigentümer gegen die Baumschutzverordnung konsequenter geahndet werden.

Dass Fällungen manchmal unvermeidlich sind, ist allen Fachmenschen klar – oft wird das aber im Umfeld nicht ausreichend kommuniziert. Altuğ und Gebel fordern hier mehr Transparenz: Mit Hinweisschildern an den Bäumen sollen die Straßen- und Grünflächenämter rechtzeitig informieren, im Netz sollen die Hintergründe der geplanten Fällung erläutert werden und entsprechende Gutachten einsehbar sein.

Erst die Parkplätze opfern

Besonders heikel ist Punkt 11 im grünen 11-Punkte-Plan. Darin geht es um den Zielkonflikt mit dem massiven Ausbau der Radinfrastruktur, der ja gerade erst beginnt. Nur „in absoluten Ausnahmefällen“ sollten Bäume einem Radweg weichen müssen, so die Abgeordneten. Zuerst müssten alle alternativen Wegführungen geprüft werden, etwaige Pkw-Stellplätze seien vorrangig zu opfern. Um dieses Prozedere verbindlich zu machen, könne die Senatsumweltverwaltung Auflagen in den Ausführungsvorschriften zum Berliner Straßengesetz verankern.

All das kostet viel organisatorische Anstrengung und vor allem eine Menge Geld – wenn es denn tatsächlich umgesetzt wird. Bei den nächsten Haushaltsverhandlungen wird es auf das Geschick der grünen Abgeordneten ankommen, die anderen ParlamentarierInnen von der Bedeutung der Stadtbäume zu überzeugen.

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