geht’s noch?
: Irgendwas ist immer schlimm

Die Proteste gegen neue Stromleitungen werden immer absurder: Auch gegen unterirdische Kabel wird jetzt protestiert – mit Argumenten, die mit der Realität wenig zu tun haben

Eigentlich war genau das die Forderung gewesen. Diejenigen, die gegen neue Stromleitungen in ihrer Umgebung protestierten, wollten, dass die Leitungen im Boden vergraben werden. Ab damit unter die Erde, statt dass man sie an bis zu 70 Meter hohen Masten als „Monstertrassen“ durchs Land führt. Allerdings erhöht das sowohl die Kosten als auch die Bauzeit gewaltig. Dennoch hat die Politik nachgegeben und 2015 beschlossen, die neuen Gleichstromleitungen überwiegend als Erdkabel auszuführen.

Doch wer gehofft hat, dass mit diesem teuren Kompromiss die Proteste vorbei wären, hat sich getäuscht. Im Gegenteil: Am Ostermontag gingen im Dreiländereck von Niedersachsen, Hessen und Thüringen über 1.000 Menschen – mehr als je zuvor – gegen die zentrale Stromtrasse „Suedlink“ auf die Straße. Einige schienen noch gar nicht mitbekommen zu haben, dass längst keine „Monstertrasse“ mehr geplant ist. Auf vielen Plakaten waren noch immer riesige Masten zu sehen, die es angeblich zu verhindern gilt.

Doch auch jene, die besser informiert sind, sehen keinen Grund, sich über den Erfolg zu freuen, sondern wettern über die einst geforderten Erdkabel nun genauso heftig wie zuvor gegen die Freileitungen. Tatsächlich sind auch diese mit erheblichen Eingriffen verbunden: In der Bauphase wird ein zwei Meter tiefer Graben ausgehoben, danach darf die etwa 30 Meter breite Schneise nicht bebaut und nicht mit tief wurzelnden Bäumen bepflanzt werden.

Dass diese Belastung keine massiven Proteste rechtfertigt, das scheint auch den AnwohnerInnen klar zu sein. Darum warnen die nun vor Gesundheitsgefahren – und behaupten, dass die Leitung nicht der Energiewende diene, sondern vor allem Atom- und Kohlestrom transportieren solle. Belege dafür gibt es nicht.

Das Bundesamt für Strahlenschutz sieht in Gleichstrom-Erdkabeln keinerlei Gefahr für die Gesundheit. Und gebraucht wird die Leitung tatsächlich vor allem, um Windstrom vom Norden in den Süden zu transportieren; diskutiert wird vielmehr, ob die geplante Kapa­zität ausreicht, wenn Atom- und Kohleausstieg planmäßig kommen und die Energiewende auf das notwendige Tempo beschleunigt wird.

Natürlich ist es sinnvoll, die Belastungen durch neue Leitungen möglichst gering zu halten. Doch wer sie auch dann noch ablehnt, nur weil sie durch die eigene Nachbarschaft verlaufen, handelt – auch wenn noch so edle Motive vorgebracht werden – schlicht egoistisch. Malte Kreutzfeldt