Initiative für zivile Seenotrettung: Parlamentarier fordern mehr Hilfe

211 Bundestagsabgeordnete fordern mehr Unterstützung für die zivile Seenotrettung. Von CDU/CSU sind nur vier dabei.

Ein Rettungsschiff auf dem Mittelmeer

Zivile Seenotrettung: „Europas Werte gelten auch auf dem Mittelmeer“, sagt Grünen-Politikerin Luise Amtsberg Foto: Sea-eye.org/ap

BERLIN taz | Wer in Seenot geraten ist, soll vor dem Ertrinken gerettet werden. Zu diesem „humanitären Imperativ“ bekannten sich am Freitag 211 Bundestagsabgeordnete aus fünf Fraktionen in einem „Osterappell“. Sie wollen damit Solidarität zeigen mit der zivilen Seenotrettung im Mittelmeer.

Die Abgeordneten einigten sich auf vier zentrale Forderungen. So soll die Bundesregierung auf eine europäisch organisierte und finanzierte zivile Seenotrettung hinarbeiten. Darüber hinaus soll mit gewillten EU-Mitgliedsstaaten ein „an humanitären und rechtsstaatlichen Grundsätzen ausgerichteten Verteilmechanismus“ von aus Seenot geretteten Geflüchteten eingeführt werden. Die 47 Kommunen aus 16 Bundesländern, die sich für auf Initiative der „Seebrücke“ zu einem „Sicheren Hafen“ erklärten, sollten vom Bundesinnenminister Horst Seehofer unterstützt werden. Zudem sollen die in Libyen internierten Asylsuchenden sofort freigelassen und evakuiert werden.

Der Appell ist von 207 Abgeordneten der Grünen, der Linken, der SPD und der FDP getragen; darunter sind prominente Parlamentarier wie Claudia Roth (Grüne), Katja Kipping (Linke) und Wolfgang Kubicki (FDP). Vier CDU-Abgeordnete unterzeichneten ebenfalls. Im Bundestag sitzen insgesamt 709 Abgeordnete.

„Europas Werte gelten auch auf dem Mittelmeer“, betonte Luise Amtsberg von den Grünen gegenüber der taz. Amtsberg initiierte den Appell und ist glücklich über die breite Unterstützung der Forderungen sowie die fraktionsübergreifende Zusammenarbeit am Thema. „Wir tragen damit auch der lauten Forderungen der Zivilgesellschaft für die Rettung von Menschen in Seenot Rechnung“, so Amtsberg.

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Der Appell geht aus der Parlamentsgruppe „Seenotrettung“ hervor. Diese schloss sich vergangenen November auf Initiative der Grünen Luise Amtsberg zusammen und möchte ein parteiübergreifendes Gesprächsforum sein. Über Parteigrenzen hinweg solle die teils hitzig und aggressiv geführte Debatte um Seenotrettung versachlicht und eine Plattform für Gespräche, auch mit entsprechenden Nichtregierungsorganisationen, geschaffen werden.

„Mit großem Appell folgt große Verantwortung“, kommentiert Oliver Kulikowski von Sea Watch den Appell gegenüber der taz. Kulikowski begrüßt die Stellungnahme der Abgeordneten verschiedener Parteien zwar, fordert jedoch konkrete Taten „gegen die inhumane Situation im Mittelmeer“. Im Hinblick auf die über 60 Geflüchteten auf dem Rettungsschiff „Alan Kurdi“, dem trotz medizinischer Notfälle seit über einer Woche die Einfahrt in einen europäischen Hafen verweigert wird, betont Kulikowski die Wichtigkeit einer menschenwürdigen Unterbringung – denn diese sei „ein Recht und kein Ostergeschenk“.

Zunehmende Kriminalisierung

Seenotrettung wird zunehmend kriminalisiert. Kapitäne sehen sich teilweise mit dem Vorwurf der Beihilfe zur illegalen Einwanderung bedroht, ihnen drohen bis zu 20 Jahren Haft und hohe Geldstrafen. Durch strenge Auflagen erschweren darüber hinaus derzeit flaggengebende Staaten den Schiffen die Fahrt, wie derzeit die Niederlande gegenüber der Organisation „Sea Watch“.

Die Situation der Geflüchteten spitzt sich dabei weiter zu. Dem UN-Flüchtlingshilfswerk zufolge starben 2018 über 2.200 Menschen beim Versuch, das Mittelmeer zu überqueren – die Dunkelziffer dürfte deutlich höher sein. Nach Ankunft in der EU werden sie zumeist in Camps an der Grenze festgehalten.

In der vergangenen Woche forderten 250 zivilgesellschaftliche Organisationen ein stärkeres Engagement für in Seenot geratene Geflüchtete und ein Ende „des Sterbens auf dem Mittelmeer“ in einem Offenen Brief an die Bundeskanzlerin. Neben Seenotretter*innen unterschrieben den Brief unter anderem Pro Asyl, der Deutsche Gewerkschaftsbund und Ärzte ohne Grenzen.

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