Brexit-Votum im britischen Unterhaus: Abgeordnete wollen späteren Austritt

Das britische Parlament stimmt für eine Aufschiebung des Brexit-Datums – mit nur einer Stimme Mehrheit. Ein ungeordneter EU-Ausstieg soll so verhindert werden.

Theresa May steht im House of Common am Rednerpult

Premierministerin Theresa May ist gegen den drohenden ungeordneten Brexit Foto: dpa

LONDON rtr/afp | Das britische Unterhaus hat mit hauchdünner Mehrheit für einen weiteren Brexit-Aufschub gestimmt. Für das Gesetz, das in einer Rekordzeit von knapp sechs Stunden alle notwendigen Lesungen durchlief, stimmten am Mittwochabend 313 Abgeordnete, 312 waren dagegen. Als nächstes muss das Oberhaus entscheiden. Der Antrag der oppositionellen Labour-Abgeordneten Yvette Cooper zielt darauf ab, einen Ausscheiden Großbritanniens aus der EU am 12. April ohne Vertrag zu verhindern.

Premierministerin Theresa May ist ebenfalls gegen den drohenden ungeordneten Brexit und hatte bereits am Dienstag angekündigt, die EU um einen weiteren kurzen Aufschub zu bitten. Dazu bemüht sie sich um einen Kompromiss mit dem Vorsitzenden der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn. Ein erstes Gespräch am Mittwoch wurde von Corbyn als „nützlich, aber ergebnislos“ beschrieben. Am Donnerstag wollten sich beide erneut treffen.

Der von May mit der EU ausgehandelte Brexit-Vertrag ist drei Mal vom Parlament abgeschmettert worden. Aber auch zwei Versuche der Abgeordneten, sich unabhängig von der Regierung auf alternative Ansätze zu einigen, scheiterten. Für einen dritten derartigen Anlauf kam im Unterhaus keine Mehrheit zustande. Die EU hat eine Änderung des Brexit-Abkommens ausgeschlossen, ohne Einigung steht ein harter Bruch am Freitag kommender Woche bevor. Sollte der Vertrag doch noch angenommen werden, könnte die Frist auf den 22. Mai verlängert werden.

May hatte sich an den Oppositionsführer Corbyn gewandt, nachdem sie nicht genug Stimmen aus den Reihen ihrer konservativen Partei und deren Verbündeten im Parlament für ihren Brexit-Kurs erhielt. Die Zusammenarbeit mit Corbyn stößt in ihrer Partei auf Unmut. Zwei Staatssekretäre kündigten bereits ihren Rücktritt an. May und Corbynbezeichneten das Treffen als „konstruktiv“. Die Gespräche sollen am Donnerstag fortgesetzt werden. Allerdings fordert Labour eine Zollunion mit der EU, was viele Konservative strikt ablehnen.

„Nationale Interessen“

Vize-EU-Kommissionspräsident Frans Timmermans rief beide Seiten zu einer Einigung im Brexit-Streit auf. Es wäre „außerordentlich wichtig“, dass sich May und Corbyn über die Grundsätze der künftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien einigen und der Austrittsvertrag im Unterhaus „endlich verabschiedet“ werde, sagte Timmermans der Welt vom Donnerstag. Eine solche Einigung wäre im Interesse Großbritanniens und der EU.

May und Corbyn sollten „ab sofort die nationalen Interessen berücksichtigen und nicht immer nur an die Parteiinteressen denken“, sagte Timmermans weiter. Der Niederländer forderte London auf, mit Blick auf einen EU-Austritt eine klare Entscheidung zu treffen. „Wir können doch nicht unendlich so weiter machen bei den Brexit-Verhandlungen und immer wieder verlängern um ein paar Wochen. Das britische Parlament muss jetzt eine Entscheidung treffen und uns endlich sagen, was man in London will.“

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