Wirtschaft und Menschenrechte: Kritik an freiwilliger Umfrage

Die Regierung startet eine Unternehmensbefragung zur Einhaltung von Menschenrechten in der Lieferkette. Grüne befürchten verzerrte Ergebnisse.

Bunt gekleidete Näher_innen mit Atemschutzmasken

Bekanntes Beispiel für Wertschöpfungsketten: Textilhändler lassen in Bangladesch fertigen Foto: dpa

BERLIN taz | Wie wird der Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte umgesetzt? Das will die Bundesregierung in diesem und im nächsten Jahr bei Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten überprüfen, indem sie sie zur ökologischen und sozialen Situation in ihren Zulieferbetrieben befragt. Doch nachdem die erste Stufe dieser Befragung am Dienstagabend im Auswärtigen Amt vorgestellt wurde, sind Entwicklungsorganisationen ernüchtert. Eine realistische Analyse sei damit nicht möglich, kritisieren sie. „Nur die Firmen antworten, die keinen Dreck am Stecken haben“, befürchtete auch der grüne Bundestagsabgeordnete Uwe Kekeritz.

Der Aktionsplan der Regierung sieht vor, dass Firmen beispielsweise für sichere Bauweise, Brandschutz, erträgliche Löhne und Gewerkschaftsfreiheit bei ihren Lieferanten unter anderem in Bangladesch, Pakistan oder Kambodscha sorgen sollen. Für den Fall, dass sie das nicht tun, droht die Regierung mit einem Gesetz für Sorgfaltspflichten. Über einen Entwurf aus dem Entwicklungsministerium (BMZ) berichtete die taz kürzlich.

Durch Interviews mit 30 Unternehmen wurde nun der Fragenkatalog entwickelt. Konkrete Informationen zum Inhalt blieb das Außenministerium am Dienstag jedoch schuldig. Anfang Mai beginnt die Befragung. Von den rund 7.100 einheimischen Firmen mit mehr als 500 Leuten werden 1.800 ausgelost, die an der Studie teilnehmen sollen. Diese fordert man auf, einen Online-Fragenkatalog auszufüllen. Das Auswärtige Amt und die beauftragte Beratungsfirma Ernst & Young (EY) rechnen mit einer Teilnahme von 400 Unternehmen. Damit seien die Ergebnisse dann repräsentativ, hieß es.

Zweifelhafte Standards

Eine Pflicht zur Teilnahme besteht nicht. Firmen, die befürchten, in schlechtem Licht zu erscheinen, können die Befragung ignorieren. Deshalb würden nur diejenigen teilnehmen, bei denen die Menschenrechtslage akzeptabel sei, argwöhnen die Kritiker*innen. Dieser Mechanismus könne das Ergebnis zum Positiven verfälschen. Er habe „große Zweifel, dass wissenschaftliche Standards eingehalten“ würden, bemängelte Kekeritz. Sowieso soll die Untersuchung nicht die tatsächliche Lage der Beschäftigten in den Zulieferfabriken beleuchten, sondern die Managementverfahren, die die Firmen einsetzen, damit sich die Situation dort bessert.

Michaela Spaeth, die Beauftragte für Wirtschaft und Menschenrechte im Auswärtigen Amt, appellierte, an der Befragung teilzunehmen. Die Ergebnisse würden anonymisiert. Die konkreten Daten über die einzelnen Unternehmen könnten keinesfalls in falsche Hände geraten, erklärte EY-Teamleiterin Nicole Richter.

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