Vergewaltigung und Abtreibungsrecht: UN ermahnen Argentinien

Ein Büro der UN-Menschenrechtskommissarin fordert Argentinien auf, geltendes Recht zu achten. Ein Mädchen durfte trotz Missbrauch nicht abtreiben.

Viele Hände halten grüne Tücher hoch

Im vergangenen Jahr scheiterte der Versuch, das strikte Abtreibungsrecht in Argentinien zu lockern Foto: AP/Natacha Pisarenko

Die Vereinten Nationen fordern Argentinien auf, für Frauen und Mädchen den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen im Rahmen geltenden Rechts zu gewährleisten. Das berichtet die argentinische Zeitung Página 12. Grund ist der besonders grausame Fall eines 11-jährigen Mädchens, das vergewaltigt wurde – aber trotzdem nicht abtreiben durfte.

Die Sprecherin des Lateinamerika-Büros der Hohen Vertreterin für Menschenrechte, Birgit Gerstenberg, unterstrich am Donnerstag: „Die unberechtigte Verzögerung zum Zugang zu einem legalen Schwangerschaftsabbruch durch die Gesundheitsbehörde der Provinz und des Krankenhauses des Ostens Eva Perón hat die Rechte des Mädchens auf Gesundheit verletzt.“

Beide Institutionen seien nach argentinischem Recht verpflichtet gewesen, dem Mädchen einen legalen Abbruch gewährleisten, ab dem Zeitpunkt, an dem das Mädchen wie auch die Mutter diesen Wunsch geäußert hätten. Mit großer Besorgnis beobachte das Regionalbüro der UN-Menschenrechtskommissiarin diesen und weitere Fälle in Argentinien. Desweiteren müsse der Staat Maßnahmen ergreifen, die verhindern, dass das medizinische Personal Frauen und Mädchen den Zugang zu legalen Abtreibungen verwehrt. Die getätigten Drohungen und Einschüchterungsversuche von Seiten des medizinischen Personals müssen untersucht werden, so das Büro.

Der Fall der 11-Jährigen aus der Provinz Tucumán hatte Ende Februar über Argentinien hinaus für Aufmerksamkeit gesorgt. Der britische Guardian zitierte das Mädchen in einem Bericht mit einer Aussage gegenüber einem Psychologen: „Ich möchte, dass Sie das wegmachen, was der alte Mann in mich reingemacht hat.“ Nach 23 Wochen ordnete ein Gericht schließlich an, dass ein Kaiserschnitt bei dem Mädchen durchzuführen sei, um ihr Leben zu retten. Der Eingriff wurde dann, Ende Februar, außerhalb des staatlichen Krankenhauses, von einer privaten Ärztin durchgeführt.

Das Mädchen war nach Darstellung des Guardian vom Partner ihrer Großmutter, bei der es unter Obhut stand, vergewaltigt worden. Sie sei bei ihrer Großmutter gewesen, da die Schwester vom Partner der Mutter im Vorfeld auch missbraucht worden war. Nachdem die 11-Jährige die Schwangerschaft bemerkt hatte, sei sie erst in die Notaufnahme gegangen und eine Woche später im Krankenhaus Eva Perón behandelt worden. Trotz der Aussagen sei das Mädchen nicht wie gewünscht behandelt worden. Zwar sei die 11-Jährige in staatliche Obhut gekommen. Das ärztliche Personal hat aber keinen Abbruch vorgenommen, es hat sogar verteidigt, dass dieser nicht notwendig sei.

Am 8. März veröffentlichen wir auf taz.de nur Beiträge von Frauen* und nicht-binären Menschen, und auch nur diese kommen darin vor: als Expert*innen, als Protagonist*innen, auf den Fotos. Trotzdem beschäftigen wir uns nicht primär mit dem, was im allgemeinen Sprachgebrauch gern als „Frauenthemen“ bezeichnet wird – sondern mit dem Tagesgeschehen.

Der argentinischen Plattform „Coseja Roja“ zufolge wurden am 6. März mehrere Strafanzeigen gegen die Verantwortlichen im Fall des 11-Jährigen Mädchens vor Gericht eingebracht. Demzufolge wurden unter anderem die Gesundheitsministerin von Tucumán, Roxana Chahla, sowie die Direktorin des zuständigen Krankenahauses Evita Perón, Elizabeth Ávila, wegen Amtsmissbrauchs angezeigt. Wie Página 12 zudem berichtet, habe die lateinamerikanische Frauenrechtsorganisation „Cladem“ den Fall der 11-Jährigen vor weiteren überstaatlichen Menschenrechts-Organisationen angezeigt.

In Argentinien ist ein Abbruch der Schwangerschaft bis auf strenge Ausnahmen rechtlich strikt verboten. Zu den Ausnahmen gehört neben der Bedrohung des Lebens für die schwangere Frau auch Vergewaltigung. Im vergangenen Jahr scheiterte der Versuch, das Recht auf Schwangerschaftsabbruch insgesamt zu lockern an der letzten Hürde im Senat.

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