sperrmüll
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Die inverse Kehrwoche

Bevor alle Law and Order schreien: Müll ist nicht gleich Müll

Ja, schlimm dieser Müll. Sagen auch die Kinder immer. Die Couch wär’ doch noch gut gewesen, hätten nicht schon drei Hunde drangepisst, so sieht also ein Röhrenfernseher von innen aus, und Mensch, dieses unbeschreibliche Regal-Schrank-irgendwas-Teil in Buchefurnier steht hier auch schon seit dem letzten Frühjahr rum.

„Warum ist denn nur Berlin so schmutzig?“, fragen die Kleinen und andere Ordnungsliebende. Dabei gibt es Orte in Berlin, da ist die Frage weit komplexer zu beantworten als mit: die gedankenlosen Leute, zu faul, zum Recyclinghof zu fahren, denen ist doch alles egal, pfui!

Schon mal was von der inversen Kehrwoche gehört? Das Satirekollektiv „Bohemian Browser Ballett“ hat vor geraumer Zeit eine Anleitung zur De-Gentrifizierung ins Netz gestellt. Mit ausgebrannten Autowracks vom Schrottplatz, Drohgebärden an den Hauswänden, falschen Muezzin-Rufen, der Ankündigung eines neu zu bauenden Flüchtlingsheims, einem arbeitslosen Schauspieler als maximal ekligen Spielplatz-Manfred soll noch der letzte Yuppie vertrieben werden, der sich mit horrendem Mietbudget in eine bislang erschwingliche Gegend reinwanzen will.

Die inverse Kehrwoche ist Tipp Nummer 4 zur gezielten Abwertung attraktiver Wohngebiete: Abwechselnd sind die Bestandsmieter*innen damit dran, ihren Müll direkt vor der Haustür zu entsorgen.

Das Bohemian Browser Ballett hat sich damals gewiss von der Rigaer Straße inspirieren lassen. Hier ist Sperrmüll nicht gedankenlos weggeworfen, sondern subversiv platziert, liebe Kinder. Mach hässlich, was du behalten willst. Das klappt leider auch nur mäßig im Friedrichshainer Nordkiez (Durchschnittsmiete bei Neuvermietung fast 15 Euro pro Quadratmeter). Aber es lässt den Müll in anderem Licht verrotten. Manuela Heim