Kohleausstiegsdemo in Sachsen: Leipzig als Vorbild

Sofortiger Kohleausstieg statt Kompromiss: In Leipzig demonstrieren 1.500 Klimaschützer gegen die Empfehlung der Kohlekommission.

Demonstrantin mit Atemmaske, auf der 2038 steht

Will nicht länger warten: Demonstrantin in Leipzig Foto: dpa

LEIPZIG taz | Auf dem Leipziger Augustusplatz vor der Universität steigen aus dem turmartigen Notausgang der Tiefgarage dicke schwärzliche Rauchwolken auf. Aktivisten in weißen Schutzanzügen an der Spitze des herannahenden Demonstrationszuges halten sich die Nasen zu und torkeln.

Es ist die angekündigte „spektakuläre Aktion“ zum Abschluss einer Demonstration „Hey KoKo – Kohleausstieg jetzt“ durch die Leipziger Innenstadt. Die Polizei wird von dieser Art Performance offenbar überrascht und nimmt zwei Akteure fest. Demonstranten umringen daraufhin die beiden Mannschaftswagen.

Die von „Ende Gelände“ und einem lokalen Bündnis von Klimaschützer*innen organisierte Demonstration reiht sich ein in eine Aktionswoche gegen den vor einer Woche erzielten Kohleausstiegskompromiss der so genannten Kohlekommission. Am Morgen hatten bereits etwa 150 Befürworter eines schnelleren Abschieds von der Kohle das Rheinhafen-Dampfkraftwerk in Karlsruhe blockiert.

In Leipzig folgten bis zu 1.500 Gegner der fortgesetzten Kohleverstromung dem Aufruf. Über den Lautsprecherwagen wurden Passanten über die Absicht der Demonstranten informiert. Der Kompromiss genügt ihnen nicht, sie fordern den sofortigen Kohleausstieg.

„Wir sind viele, wir sind laut, weil man uns die Zukunft klaut“, rief der Zug, in dem junge Leute und Familien dominierten. „Das Problem heißt Kapitalismus“, skandierte die Spitze des Zuges. Redner verlangten, den Energiekonzernen nicht noch „Milliarden hinterherzuwerfen“. Die Stadt Leipzig, die ihre Energieversorgung mittelfristig von der Kohle unabhängig machen will, wurde als vorbildlich hingestellt.

„Kein Verlass mehr“ auf die Politik

Auf Kreuzen standen Namen von Orten, die nach wie vor von der Abbaggerung für erweiterte Braunkohletagebaue bedroht sind. Das endgültige Kohleausstiegsdatum 2038 sei ein „klimapolitisches Desaster“, sagte Jens Hausner von der Bürgerinitiative zur Rettung des Dorfes Pödelwitz im Südraum Leipzigs.

Kasek erinnerte an den Erfolg der damaligen DDR-Umweltschützer, die noch 1990 die Abbaggerung der Gemeinde Cospuden im Süden Leipzigs verhindern konnten

Dort fand im Sommer des vorigen Jahres ein Klimacamp statt. „Es geht nicht zuerst um Arbeitsplätze, sondern um globale Klimagerechtigkeit“, rief Hausner und appellierte an die Einsicht der Ministerpräsidenten der vier Kohleländer. „Wir sind nicht Menschen zweiter Klasse“, fügte er hinzu.

Zu den Rednern zählte auch der ehemalige Landessprecher der sächsischen Grünen, Jürgen Kasek. Er sei sprachlos, wenn dem mitteldeutschen Energieversorger MIBRAG der Ausstieg immer noch zu schnell komme. Kasek erinnerte an den Erfolg der damaligen DDR-Umweltschützer, die noch 1990 die Abbaggerung der Gemeinde Cospuden im Süden Leipzigs verhindern konnten.

Heute sei leider auf die Politik „kein Verlass mehr“, für die zu liqudierenden Dörfer gebe es auch im Kompromiss keine Sicherheiten. Im Gespräch bestatigte Kasek, dass auch die Grünen in der Bewertung des Abschlussberichtes gespalten seien.

Gespalten reagierten auch die Leipziger in der Einkaufszone. Einige schlossen sich der Demonstration an. „Die sollen mal ihre Hirne einschalten“, riefen andere, vorwiegend ältere Männer. Das seien doch alles „junge Hüpfer“, die auf Windräder setzten, wo es doch zur Kohle keine Alternative gebe. „Wascht Euch erst mal“, wurde sogar gehetzt.

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