Homophobe Lyrics von Buju Banton: Keine zweite Chance verdient

Ein Reggae-Sänger fantasiert über Mord an Schwulen. Die Kritik daran als „westlich“ zurückzuweisen lässt die karibische LGBT-Community im Stich.

Menschen mit Regenbogensymbolen tanzen

Buju Banton macht Musik, will aber nicht mit allen tanzen und feiern Foto: reuters

Das Summerjam-Festival ist nach eigenen Angaben ein Fest „mit toleranten und friedliebenden Gleichgesinnten“. Bei diesem Fest soll im Juli dieses Jahres der jamaikanische Reggae-Sänger Buju Banton als Headliner auftreten. In seinem 1992 veröffentlichten Song „Boom Bye Bye“ ruft Banton dazu auf, Schwule zu erschießen oder durch Säure- und Brandanschläge zu töten.

Die Festivalorganisatoren verteidigen den Auftritt. „Wir haben die Entwicklung des Künstlers über lange Jahre beobachtet. Seine Sicht auf die Dinge hat sich im Laufe der Jahre verändert. Und das ist gut so!“, teilte eine Sprecherin der taz mit. Sie weist darauf hin, dass der Sänger bei der Veröffentlichung „gerade mal 19 Jahre alt war“.

Was für eine schlechte Ausrede. Richtig ist: Wenn der Künstler seine schwulenfeindliche Einstellung tatsächlich selbstkritisch reflektiert und revidiert und sich für seinen gewaltverherrlichenden Text ernsthaft entschuldigt hätte, wenn der Mordaufruf tatsächlich „nur“ im Jugendalter verbreitet worden wäre, hätte er eine zweite Chance verdient. Doch das Gegen­teil ist der Fall. Mindestens bis zum Jahr 2007 spielte Banton das Hasslied öffentlich, noch im Jahr 2009 erklärte er, dass es „kein Ende im Krieg zwischen mir und Schwuchteln“ gebe. Wegen seiner „Kultur und Erziehung“ könne er „nicht in 1.000 Jahren“ Homosexualität gutheißen.

Genau diese schwulenfeindliche Kultur ist in Bantons Heimat Jamaika weit verbreitet, Homosexuelle werden dort von staatlicher Seite verfolgt und sind einer starken gesellschaftlichen Ächtung ausgesetzt. Wenn sich die Summerjam-Organisatoren jetzt gegenüber queer.de auf ein Statement beziehen, das die Kritik an Mordaufrufen als „westliches Narrativ“ zurückweist, lassen sie all diejenigen aus der karibischen LGBT-Community zurück, die dort schon seit Jahrzehnten gegen die allgegenwärtige Homophobie kämpfen.

Ohne Angst verschieden sein

„Freiheit ist nicht östlich und nicht westlich, sondern universell“, wussten die Teilnehmerinnen der Massenproteste gegen den Kopftuchzwang am Frauentag 1979 im Iran. Das Summerjam Festival will von dieser Losung offenbar nichts wissen.

Die Veranstalter verweisen in einem Statement zwar auf die jamaikanische LGBT-Organisation J-Flag, die an einem Abkommen mitgearbeitet haben, das Reggae-Künstler zum Verzicht von schwulenfeindlichen Statements verpflichtet. Die jahrelange Kritik an Buju Banton durch die mutigen Menschenrechtsverteidiger von J-Flag ignorieren sie allerdings.

Schwulenfeindlichkeit zeigt sich in Jamaika nicht nur immer wieder in Reggae- oder Dancehall-Songs, sondern auch in gewalttätigen Attacken bis zu Lynchmorden. Im Juli 2004 wurde Banton selbst beschuldigt, als Teil einer bewaffneten Gruppe eine Gruppe von Schwulen in Kingston tätlich angegriffen zu haben. Dass er ausgerechnet während des Kölner CSDs, bei dem Millionen Menschen ohne Angst verschieden sein wollen, ein paar Kilometer weiter auftreten soll, ist unerträglich.

Doch auch an jedem anderen Tag sollte dem Hasssänger keine Bühne geboten werden. Er ist mitverantwortlich dafür, dass jamaikanische LGBT-Personen in Angst vor Ächtung und Gewalt leben müssen. Der WDR, der sich gerade in Verhandlungen mit dem Summerjam über eine erneute Medienpartnerschaft befindet und andere dort auftretende Künstler sollten sich jetzt klar positionieren.

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