Schinkels Bauakademie wieder aufbauen?: Das braucht eigentlich keiner

In der Akademie der Künste wurde über die Rekonstruktion von Schinkels Bauakademie gestritten, die seit 2016 geschlossen ist.

Die Bauakademie als Schaufassade aus Plane und Gerüst

Sah mal so aus, soll wieder so aussehen: die „Bauakademie“ als Schaufassade aus Gerüst und Plane Foto: Rolf Zöllner/imago

Irgendwann fällt dann im Publikum ganz lapidar der entscheidende Satz. „Warum bauen wir die Bauakademie eigentlich?“, fragt einer das Podium – und es ist ziemlich bezeichnend, dass darauf ad hoc niemand eine schlaue Antwort weiß. Im November 2016 hat der Bundestag 62 Millionen Euro lockergemacht, um Karl Friedrich Schinkels im Zweiten Weltkrieg stark beschädigte und 1962 abgerissene Bauakademie zu rekonstruieren. Seitdem ist die Diskussion über Nutzung und Architektur, so scheint es auch an diesem Sonntagvormittag bei der Veranstaltung in der Akademie der Künste mit dem Titel „Was würde Schinkel tun?“, kaum einen Schritt weitergekommen.

Der Morgen startet mit einem ebenso inspirierten wie inspirierenden Vortrag des in Zürich geborenen Star-Architekturhistorikers Kurt W. Forster, der im letzten Herbst ein über 400 Seiten starkes Buch über Schinkel veröffentlicht hat. Forster versucht in sehr knapper Zeit auf den Punkt zu bringen, warum Schinkel viel mehr war als nur der preußische Hofarchitekt und Kulissenzauberer – warum seine Bauakademie, dieser schöne, einfache, rote Kasten, im barocken, repräsentativen Umfeld zwischen Friedrichswerderscher Kirche und Schloss eine Provokation war, eine Ikone der Moderne.

Am Ende des Vortrages fasst Forster zusammen, dass ein Nachbau der Bauakademie wohl nur sinnvoll wäre, wenn man nicht nur seine Fassade wieder aufbauen würde, sondern auch seine fortschrittliche Konstruktion. Schließlich könne es nicht darum gehen, die Fehler beim Wiederaufbau des Schlosses zu wiederholen, diesem „scheinlebendigen Leichnam“, diesem „Frankenstein der Architektur“, wie er zur Freude des Publikums sagt.

Dass man die Fehler beim Schloss vermeiden will: Das ist dann aber auch schon der einzige gemeinsame Nenner, auf den sich an diesem Vormittag alle einigen können. Darum habe man ja auch den Prozess nicht mit einem Architekturwettbewerb angeschoben, sondern mit einem offenen Programmwettbewerb, dessen fünf Ergebnisse im Mai letzten Jahres gekürt worden sind, betont auch immer wieder Gunther Adler, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern für Bau und Heimat.

Coworking Spaces?

Das Problem ist nur, dass die so generierten Ideen, die nun durch den Raum geistern, wenig konsistent erscheinen: Da ist von elastischen Raumnutzungskonzepten die Rede, von flexiblen Veranstaltungsräumen für die Stadtgesellschaft, von Coworking Spaces gar. Ganz ähnlich klingt es momentan etwa auch, wenn man die Betreiber der Zentral- und Landesbibliothek nach ihren Zukunftsvisionen fragt.

Das Problem an der Bauakademie ist, dass der Bundestag wie auch schon beim Schloss einfach beschlossen hat, Geld auszugeben – und zwar ohne dass es dafür einen Bedarf gegeben hätte. Lehranstalten für Architektur gibt es heute genug in dieser Stadt: an der Technischen Universität, an der Universität der Künste, der Beuth Hochschule. Auch der Bundestag, der diese Gelder bewilligt hat, könnte wahrscheinlich kaum klipp und klar formulieren, warum es die Bauakademie eigentlich braucht.

Man müsste wirklich viel weiter vorn ansetzen, als selbst Kurt W. Forster es vorschlägt. Man sollte versuchen, weniger Schinkels Bauwerk als seine fortschrittlichen Ideen zu rekonstruieren. Und dazu könnte man tatsächlich fragen, was er heute tun würde. Denn eins steht fest: Ganz sicher würde Schinkel, selbst wenn wir sie brauchten, heute nicht mehr die Bauakademie wieder aufbauen, die 1962 abgerissen wurde.

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