Illegale Waffenexporte nach Mexiko: „Skandalös, schändlich, miserabel“

Im Prozess um illegale Waffenlieferungen nach Mexiko fordert die Staatsanwaltschaft Haftstrafen für die Verantwortlichen von Heckler & Koch.

Menschen halten Plakate mit den Gesichtern der verschwundenen Studenten hoch

Die Sturmgewehre sollen auch 2014 beim Verschwinden von 43 Studenten eingesetzt worden sein Foto: imago/ZUMA Press

STUTTGART taz | Der Druck muss groß gewesen sein. Wenn die Lieferung der Sturmgewehre nicht stattfinde, sei das eine „Katastrophe“, schrieb der mexikanische Handelsvertreter 2006 an den damals für Mexiko zuständigen Mitarbeiter bei Heckler & Koch. Der antwortete: „Noch ist Polen nicht verloren.“ Tatsächlich wurden danach offenbar „Endverbrauchserklärungen“ für fast 5.000 Sturmgewehre frisiert: Der Millionendeal war gerettet. Gewehre, die auch 2014 beim Verschwinden von 43 Studenten aus Ayotzinapa zum Einsatz gekommen sein sollen.

„Skandalös, schändlich und miserabel“ nennt Staatsanwalt Karl-Heinz Erker das Verhalten des Oberndorfer Waffenunternehmens und Bundeswehrausrüsters am Donnerstag im Stuttgarter Oberlandesgericht. Zwischen 2006 und 2009 soll fast die Hälfte der G36-Gewehre von Heckler & Koch, die für mexikanische Sicherheitskräfte bestimmt waren, samt Zubehör illegal in die Unruheprovinzen Chiapas, Chihuahua, Jalisco und Guerrero geliefert worden sein. Das Unternehmen habe dies bewusst in Kauf genommen und Exportdokumente für deutsche Genehmigungsbehörden entsprechend manipuliert.

Im Mittelpunkt der Vorwürfe stehen zwei Mitarbeiter des Unternehmens, die gar nicht vor Gericht stehen. Der verstorbene Axel H. und der langjährige Außenhandelsvertreter von Heckler & Koch in Mexiko, Markus B., der sich mit einem ärztlichen Attest aus Mexiko-Stadt dem Prozess entzogen hat. Zusammen mit einer Sachbearbeiterin und dem Vertriebschef, die nun vor Gericht stehen, sollen sie „bandenmäßig“ gehandelt haben. Die Ankläger fordern für diese beiden nun Haftstrafen von über zwei Jahren.

Frisierte „Endverbleibserklärungen“

Ihnen sei klar gewesen, dass die Waffen von mexikanischen Unternehmen in die Unruheprovinzen weitergeliefert werden sollten – und somit nicht nach Mexiko hätten gehen dürfen, so Erker. Stattdessen hätten sie die vom Wirtschaftsministerium geforderten „Endverbleibserklärungen“ mit falschen Bestimmungsorten frisiert. Notizen wie „Guerrero muss raus“ belegten dies.

Für den Ex-Landgerichtspräsidenten von Rottweil, seit 2006 Geschäftsführer von Heckler & Koch, forderten die Ankläger eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten sowie eine Geldstrafe. Er hielt vor allem den Kontakt zu den Genehmigungsbehörden in Berlin und sei nicht Teil der „Bande“ gewesen. Zwei weitere Angeklagte seien bewusst von Informationen zu dem Deal ausgeschlossen worden – und daher unschuldig.

Auch das Unternehmen selbst soll nach dem Willen der Ankläger belangt werden: 4,1 Millionen Euro sollen Heckler & Koch entzogen werden. Das entspricht nicht nur dem Gewinn, sondern dem Gesamtvolumen der fast 5.000 Gewehre, die in die verbotenen Provinzen geliefert worden waren. Am 21. Februar soll das Urteil fallen.

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