Referentenentwurf zur Bildung: Bundesregierung will Bafög erhöhen

Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) will mehr junge Menschen in der Ausbildung finanziell unterstützen. Die Opposition hält das für nicht ausreichend.

Anja Karliczek

Bildungsministerin Anja Karliczek will Studieninteressierten die „Angst vor Verschuldung“ nehmen Foto: reuters

BERLIN taz | Die geplante Bafög-Reform der Bundesregierung wird konkret. Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD versprochen, die staatliche Ausbildungsförderung an „die Lebensrealität“ der Studierenden anzupassen. Der Referentenentwurf aus dem Bildungsministerium, der der taz vorliegt, kündigt nun eine „erhebliche Anhebung“ der Bafög-Bedarfssätze und Einkommensfreibeträge an.

Diese sollen ab dem kommenden Herbst gelten und dann bis 2022 stufenweise angehoben werden. Zunächst soll der Bafög-Höchstsatz bis 2020 von derzeit 735 Euro auf rund 850 Euro im Monat steigen. Auch soll die Wohnpauschale für Bafög-EmfängerInnen, die nicht bei ihren Eltern leben, in diesem Zeitraum von 250 Euro auf 325 Euro erhöht werden. Damit reagiert die Koalition auf die bundesweit steigenden Mietkosten. Nach der jüngsten Sozialerhebung unter Studierenden aus dem Jahr 2016 ist dies der Posten, der ihr Budget am stärksten belastet.

Weitere Maßnahmen der geplanten Reform, die Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) bereits im November in einem Eckpunktepapier vorgestellt hatte, sind die Anhebung der Vermögens- und Einkommensfreibeträge, sowie der Kranken- und Versicherungsbeiträge. Letzteres ist vor allem für Studierende über 30 Jahre interessant, die in der Regel höhere Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zahlen, bislang aber ebenfalls nur einen Zuschlag über 71 Euro monatlich erhalten wie Bafög-EmpfängerInnen unter 30 Jahren. Der Zuschlag für die Oldies wird nun auf 155 Euro angehoben.

Weiter wird es künftig möglich sein, Bafög-Geförderten die Schulden nach 20 Jahren nach Förderende ganz zu erlassen. Damit soll Studieninteressierten die „Angst vor Verschuldung“ genommen werden, heißt es im Referentenentwurf. Diese stelle ein „nicht zu unterschätzendes Hindernis für die Studienbereitschaft“ von AbiturientInnen aus einkommensschwachen Familien dar.

Mit der Bafög-Reform will die Regierung einem gegenläufigen Trend begegnen. Zwar studieren heute so viele junge Menschen wie noch nie in Deutschland, zum Wintersemester 2018/19 waren es fast 2,9 Millionen. Gleichzeitig geht die Zahl der Studierenden, die dafür Geld vom Staat beantragen, seit Jahren zurück, zuletzt auf 584.000 – nur gut jedeR Fünfte.

„Zu wenig ambitioniert“

Bei der Opposition stoßen die Reformpläne der Bundesregierung auf Kritik. Für Kai Gehring, wissenschaftspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen, ist die geplante Bafög-Novelle enttäuschend und unzureichend. Die Maßnahmen kämen „zu spät“ und seien „zu wenig ambitioniert“. Denn schon heute reiche der geplante Bafög-Höchstsatz von 850 Euro in einer Stadt wie München oder Berlin für viele Studierende kaum zum Leben. Die große Koalition versäume es seit Jahren, steigende Einkommens- und Lebenshaltungskosten aufzufangen.

Wie stark diese Entwicklung Studierende trifft, zeigt eine Studie des Berliner Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie, die diese Woche vorgestellt wurde. Demnach seien die durchschnittlichen Gesamtausgaben der Studierenden zwischen 2012 und 2016 um bis zu 55 Prozent gestiegen – genauso wie die Mieten. Selbst die nun geplante satte Erhöhung des Wohngeldes könne diese Lücke nicht schließen, stellen die Autoren fest.

Tobias Schulze, wissenschaftspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, kann diesen Befund nur bestätigen: „Die BAföG-Novelle verkennt die angespannte Mietsituation in Ballungsgebieten und Städten wie Berlin“, kritisierte er. „Selbst mit der jetzt erhöhten Wohnkostenpauschale von 325 Euro dürfte es in Berlin schwer sein, bezahlbaren Wohnraum zu finden.“ Wer als Bafög-EmpfängerIn deutlich mehr Miete zahlen muss als vorgesehen, müsse nebenher arbeiten, anstatt sich ganz auf das Studium konzentrieren zu können. Zwischen 2012 und 2016 kletterte der Anteil der Jobber unter den Studierenden von 60 auf 68 Prozent.

Wann der Entwurf in den Bundestag eingebacht wird, steht noch nicht fest. Auf Anfrage heißt es, der Entwurf werde derzeit innerhalb der Bundesregierung abgestimmt.

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