Linke und Aufstehen werben für Revolte: Wer zieht mehr?

Sahra Wagenknecht ruft dazu auf, nach dem Vorbild der Gelbwesten auf die Straße zu gehen. Auch ihre Partei Die Linke plant soziale Proteste.

Sahra Wagenknecht spricht in ein Mikrofon

Wagenknecht wünscht sich, dass mehr Menschen auf die Straße gehen Foto: dpa

BERLIN taz | Die Sammlungsbewegung Aufstehen ist wieder da. Zumindest im Netz. Die gleichnamige Seite aufstehen.de, die Mitte Dezember wegen Streitigkeiten über unbezahlte Rechnungen zwischen dem Trägerverein der Bewegung und der Marketingfirma Dreiwerk abgeschaltet wurde, ist kurz vor Weihnachten wieder online gegangen: samt allen von Dreiklang produzierten Imagefilmen und einem brandneuen Video.

Dieses zeigt Sahra Wagenknecht, Fraktionsvorsitzende der Linkspartei und prominenteste Mitgründerin von Aufstehen, vor dem Kanzleramt in Berlin. Eine gelbe Warnweste über den dunklen Mantel gestreift, ruft Wagenknecht zur Revolte „gegen eine Regierung der Reichen“ auch hierzulande auf. In Frankreich seien die Gelbwesten gegen einen Präsidenten der Reichen auf die Straße gegangen und hätten ihm erste Zugeständnisse abgetrotzt, nimmt Wagenknecht in dem Clip Bezug auf das französische Vorbild und fordert: „Wir brauchen auch hier viele Menschen, die bereit sind, auf die Straße zu gehen. Das wollen wir mit Aufstehen erreichen.“

Ganz unumstritten ist die ungebrochene Sympathie für die französische Gelbwesten-Bewegung innerhalb der deutschen Linken nicht. Der Vorsitzende der Partei Die Linke, Bernd Riexinger, hatte Anfang Dezember das Potenzial Ultrarechter in der Gelbwesten-Bewegung als besorgniserregend bezeichnet. Gleichwohl solidarisierte sich der Parteivorstand, dem Riexinger angehört, wenige Tage darauf einstimmig mit den Protesten und bezeichnete den Widerstand gegen den neoliberalen Kurs des französischen Präsidenten Macron als berechtigt.

Riexinger sagt der taz nun in Bezug auf Wagenknechts Aufruf: „Proteste gegen die Regierung sind dringend notwendig.“ Er betont aber, dass die Linke bereits Kampagnen, etwa gegen den Mietwucher, gestartet habe und mit Mieterinitiativen und anderen Gruppen zusammenarbeite. Als Vorbild für ein geglücktes gesellschaftliches Bündnis nennt er die #unteilbar-Demonstration im Oktober und weitere Proteste gegen Rechte und Rassisten. „Sie werden 2019 weitergehen und sich mit sozialen Protesten verbinden“, sagt Riexinger der taz. Die Linke werde dabei ein aktiver Bündnispartner sein.

Dass Wagenknecht sich kritisch zur #unteilbar-Demo geäußert hatte, ist kein Geheimnis, ebenso wenig, dass ihre Doppelrolle als Fraktionschefin der Linken im Bundestag und Repräsentantin von Aufstehen in der Partei skeptisch gesehen wird. Der Konflikt zwischen der Sammlungsbewegung und der Partei Die Linke dürfte sich 2019 fortsetzen.

Der Druck, den Aufstehen bisher auf der Straße entfaltet, ist sehr überschaubar

Der Druck, den Aufstehen bisher auf der Straße entfaltete, ist sehr überschaubar. Zu einer Gelbwesten-Kundgebung in München, die Aufstehen gemeinsam mit der „Unbeugsam“-Bewegung des französischen Linkspopulisten Jean Luc Mélenchon veranstaltet hatte, kamen Mitte Dezember gerade mal 250 TeilnehmerInnen, die Polizei sprach von 100.

Unterstützer von Aufstehen sehen die Ursachen für den schwachen Wirkungsgrad der Bewegung auch in den undurchsichtigen Führungs- und Kommunikationsstrukturen und kritisieren diese in einem offenen Brief. Offenbar mit Erfolg. In seinem Weihnachtsrundbrief kündigt Team Aufstehen an, man werde ein Programm erarbeiten und dieses sowie die Pläne für Proteste abstimmen lassen. Außerdem werde ein größeres Treffen der Mitstreiterinnen und Mitstreiter organisiert, um gemeinsam über die Zukunft der Bewegung zu diskutieren. Das aktuelle Gelbwesten-Video war vorab nicht abgestimmt worden. Es entspreche aber der allgemeinen Stimung, so einer der Verfasser des offenen Briefes.

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