Geburtshilfe-Verband macht Druck: Exodus der Hebammen

Weniger Stress, mehr Personal, mehr Geld: Hebammen fordern auf ihrer Bundestagung ein Geburtshilfe-Stärkungsgesetz.

Hände einer Hebamme auf dem Bauch einer Schwangeren

Hoffentlich hat sie genügend Zeit: eine Hebamme bei der Arbeit Foto: dpa

BERLIN taz | Julia Hennicke hat ihre Arbeit als Hebamme an einer Berliner Klinik vor zwei Jahren aufgegeben. „Das waren desolate Arbeitsbedingungen“, sagt die 34-Jährige. Es sei vorgekommen, dass sie drei bis vier Gebärende unter der Geburt zu betreuen hatte, zusätzlich weitere Schwangere, die etwa zur Überwachung im Kreißsaal waren.

„Keine Pause“, sagt Hennicke, „nichts trinken, und wenn ich mal zur Toilette musste, habe ich mir das verkniffen.“ Die Schicht absolvierte sie in dem Wissen, dass solche Situationen auch mal gefährlich werden können. „Diesem Druck ausgesetzt zu sein war das Schlimmste“, sagt Hennicke.

Um Arbeitsbedingungen wie diese zu verbessern, fordern rund 19.000 Hebammen, die im Deutschen Hebammenverband organisiert sind und deren Delegierte sich noch bis Freitag in Berlin zu ihrer Bundestagung treffen, ein Geburtshilfe-Stärkungsgesetz. Denn der Bundestag hat zwar Anfang des Monats das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz beschlossen, das dem Pflegenotstand in Krankenhäusern entgegenwirken soll – doch die Hebammen wurden dabei nicht berücksichtigt.

„Das stößt bei uns auf Unverständnis“, sagte DHV-Präsidentin Ulrike Geppert-Orthofer. Wegen der schlechten Bedingungen gebe es geradezu „einen Exodus der Hebammen“. Jahrelang sei am Personal gespart worden, nun sei es schwierig, überhaupt noch Hebammen für die wenigen offenen Stellen zu finden – die Belastungen seien einfach zu hoch.

Die Ausbildungsreform, die der DHV grundsätzlich begrüßt, geschieht allerdings unter Zeitdruck: Bereits bis Januar 2020 soll sie laut EU umgesetzt sein.

Zehn Forderungen für ein Geburtshilfe-Stärkungsgesetz hat der DHV deshalb aufgestellt, darunter eine flächendeckende Versorgung und eine Orientierung des Personalschlüssels an internationalen Standards. „Wir brauchen eine Eins-zu-eins-Betreuung“, sagte Geppert-Orthofer.

Ein weiterer politischer Schwerpunkt der Hebammen soll 2019 die Akademisierung des Hebammenberufs sein. Die hat Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Oktober angekündigt. Spahn setzt damit eine EU-Richtlinie um. Die Ausbildungsreform, die der DHV grundsätzlich begrüßt, geschieht allerdings unter Zeitdruck: Bereits bis Januar 2020 soll sie laut EU umgesetzt sein.

Vorgegeben sind zwölf Jahre Schulbildung mit dem Abschluss mindestens eines Fachabiturs und die Vermittlung wissenschaftlicher Inhalte. Momentan gibt es erst in fünf deutschen Städten Studiengänge, zu viele Fragen der Ausgestaltung und des Übergangs seien noch offen, sagt der DHV. Er drängt auf Klarheit: „Der gesetzliche Rahmen muss schnell gestaltet werden.“

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