Kommentar Umsetzung der Klimaziele: Die Verursacher müssen vorangehen

Der Geist von Paris, wo 2015 ein gefeiertes Abkommen beschlossen wurde, hat sich in Kattowitz verzogen. Und: Niemand hat eine weiße Weste.

Aus einem Turm eines Kohlekraftwerks steigt Rauch

Kohlekraftwerk bei Hanau. Auch Deutschland nimmt den Klimaschutz nicht ernst Foto: dpa

Wenn die Klimakonferenz in Kattowitz jetzt in ihre entscheidende zweite Woche geht, bietet sich all denen ein Bild zum Fürchten, die auf Fortschritte in der Klimapolitik hoffen: Weltweit steigen die CO2-Emissionen; der Geist von Paris, wo vor drei Jahren ein umjubeltes Abkommen beschlossen wurde, hat sich ängstlich verzogen.

Überall machen Populisten und Faktenleugner Front gegen den Klimaschutz, die USA und die Ölländer bremsen wie früher, Brasilien fällt unter der neuen Regierung Bolsonaro als Vermittler zwischen Industrie- und Schwellenländern aus. Und die EU wird vom Kohleland Polen und Österreich vertreten, wo der Vizekanzler auch mal eben so am Klimawandel zweifelt.

In Paris fand sich 2015 eine „High Ambition Coalition“ zusammen, die heute zerstreut ist. Woher also soll der Druck kommen, damit das „Regelbuch“, das überlebenswichtige Kleingedruckte für das Pariser Abkommen, zu effektivem Klimaschutz führt? Schaut man sich die verbleibenden Staaten an, fällt eines auf: Niemand hat eine weiße Weste. Deutschland nimmt den Klimaschutz zu Hause nicht ernst; die EU ist innerlich zerrissen; Kanada kämpft mit Provinzen, die sich aus der Klimapolitik verabschieden; Norwegen bezieht einen großen Teil seiner Staatseinnahmen aus Gas und Öl; Indien baut Solarindustrie, setzt aber auch auf Kohle.

Allein die Staaten in Afrika und Lateinamerika bringen nicht das politische Gewicht auf die Waage, um in Kattowitz für gute Regeln zu streiten. Gerade in den Ländern mit grauer und schwarzer Weste muss es vorangehen. Einen Ausstieg aus der Kohle müssen die Kohleländer vormachen, der Abschied vom Gas muss von den Gasproduzenten kommen, neue Ideen für ein Leben ohne Verbrennungsmotor aus den Auto-Nationen.

Das ist nicht einfach zu organisieren. Wir sehen jeden Tag des Gewürge rund um die Kohlekommission in Deutschland. Aber auf Engel zu warten, führt auch in der Klimapolitik zu Enttäuschung. Nur wenn die Verursacher ­vorangehen, wird in Kattowitz und anderswo etwas erreicht.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.