Ehe-für-alle-Referendum in Taiwan: Mann und Frau bleiben privilegiert

Das oberste Gericht war dafür, die Regierung auch – die Ehe für alle hatte in Taiwan gute Chancen. Nun haben die Gegner in einem Referendum gesiegt.

LGBT-Leute, teils verkleidet

Darais wird erstmal nichts: LGBT-Parade in Taiwan Foto: Reuters

PEKING taz | Die Ehe für Alle galt in Taiwan schon für gesetzt. Im Mai 2017 hatte der Oberste Gerichtshof des Landes entschieden, dass ein Eheverbot für Schwule und Lesben verfassungswidrig sei. Die Richter forderten die Regierung auf, binnen zwei Jahren die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare im Gesetz zu verankern. Die derzeitige Führung unter der liberalen Präsidentin Tsai Ing-Wen hatte sich prinzipell dazu bereit erklärt. Taiwan wäre das erste Land in Ostasien gewesen, in dem die Ehe für Alle möglich wäre.

Doch nun haben sich die Gegner der Ehe für alle gleich in mehreren Referenden durchgesetzt. Mehr als sieben Millionen Wahlberechtigte stimmten am Samstag dafür, dass die Ehe der Verbindung zwischen Frau und Mann vorbehalten bleiben soll. Mehr als sechs Millionen votierten zudem dafür, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften rechtlich gesondert behandelt werden sollten.

Die Befürworter der Homo-Ehe hatten ihrerseits ein Referendum gestartet, in dem sie sich für gleiche Rechte stark gemacht hatten. Sie erhielten für ihren Vorschlag nur rund drei Millionen Stimmen. Die Homo-Gegner, die sich in der sogenannten „Koalition für das Glück der nächsten Generation“ zusammengeschlossen hatten, begrüßten das Ergebnis als „Sieg für alle Menschen, die Familienwerte schätzen“.

Eine so hohe Mehrheit für die Ehe-für-alle-Gegner überrascht: Umfragen der letzten Jahre zufolge hatte sich in den letzten Jahren regelmäßig eine – wenn auch knappe – Mehrheit für die Gleichberechtigung aller auch in Ehefragen ausgesprochen. Taiwans LGBT-Aktivisten hatten kurz vor der Abstirmung jedoch bereits gewarnt, dass die Gegner erfolgreich sein könnten. „Viele der religiös geleiteten Gleichstellungsgegner sind viel motivierter, zur Wahlurne zu gehen, als der Rest der Bevölkerung“, sagte Eason Chen von der Tongzhi-Hotline, einem LGBT-Verein in der Hauptstadt Taipeh.

Die Sprecherin der Koalition für Gleichheit der Ehe, Jennifer Lu, zeigte sich denn auch zutiefst enttäuscht von dem „absurden Referendum“. Der „Rückschritt bei der Gender-Gleichheit“ sei der „größte Schlag gegen Taiwans demokratische Werte“.

Regierungspartei verliert bei Kommunalwahl

Nach der Entscheidung des obersten Gerichts in Taiwan, die Homo-Ehe für rechtmäßig zu erklären, wetterten Konservative und vor allem christliche Fundamentalisten anderthalb Jahre lang kräftig dagegen. Nun befürchten die LGBT-Aktivisten, dass die Regierungspartei, die bei den am Samstag bei den Kommunalwahlen kräftig verloren hat, keine Initiative in diese Richtung starten werde.

In den letzten 20 Jahren ist Taiwans Gesellschaft sehr viel liberaler geworden – nicht zuletzt in Abgrenzung zur Volksrepublik, wo die KP-Führung immer autoritärer geworden ist. Taiwan gilt heute als Musterdemokratie – auch in gesellschaftlichen Fragen. Der alljährliche CSD Ende Oktober in der Hauptstadt Taipeh ist mit über 100.000 Teilnehmern die mit Abstand größte LGTB-Parade Asiens.

Wie es nun mit diesem Thema auf dem Inselstaat weitergehen wird, ist ungewiss. Es ist überhaupt das erste Mal in Taiwan, dass auf nationaler Ebene ein Referendum Erfolg hat. Bislang scheiterten sie allesamt am hohen Zustimmungsquorum. Mindestens die Hälfte aller Wahlberechtigten mussten teilnehmen. Diese Hürde wurde nun jedoch bei den Referenden am Samstag erstmals auf 25 Prozent gesenkt.

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