Wikileaks enthüllt Panne bei der US-Justiz: Geheime Assange-Anklage wird publik

In Gerichtsdokumenten taucht der Name des Wikileaks-Gründers Julian Assange auf. Die US-Staatsanwaltschaft behauptet nun, es handele sich um ein Versehen.

Wikileaks-Gründer Julian Assange vor der ecuadorianischen Botschaft

Julian Assange war 2012 in die ecuadorianische Botschaft in London geflohen Foto: reuters

WASHINGTON afp | In den USA ist laut der Enthüllungsplattform Wikileaks eine bislang geheime Anklage gegen ihren Gründer Julian Assange versehentlich bekannt geworden. Staatsanwälte hätten die Existenz der unter Verschluss gehaltenen Anklage oder deren Entwurf versehentlich in Gerichtsdokumenten in einem anderen Fall enthüllt, erklärte Wikileaks am Donnerstagabend. Schuld sei vermutlich ein „Fehler beim Kopieren und Einfügen“ in dem anderen Fall. Die genauen Vorwürfe gegen Assange waren zunächst unklar.

Assanges Name tauchte laut Wikileaks in Gerichtsdokumenten im US-Bundesstaat Virginia in einem Fall auf, bei dem es keinen Bezug zum Wikileaks-Gründer gibt. In den Unterlagen bat die stellvertretende Staatsanwältin Kellen Dwyer den Richter um Verschwiegenheit. Angesichts der „Raffinesse des Angeklagten und der Öffentlichkeit um den Fall“ müsse die Anklage bis zur Festnahme Assanges geheim bleiben, schrieb sie darin.

Die Nennung des Namens Assange in den Unterlagen war einem Experten der George Washington University aufgefallen, der dafür bekannt ist, solche Dokumente genauestens zu studieren. Seamus Hughes twitterte die ungewollte Bekanntgabe der Anklage gegen Assange. In dem Gerichtsdokument sei Assange nicht der „beabsichtigte Name“ gewesen, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft im Eastern District von Virginia. Das Dokument sei „aus Versehen“ erstellt worden.

Ein Anwalt Assanges kritisierte den angeblichen Fehler scharf. Es sei „unverantwortlich“, in öffentlichen Unterlagen Informationen zu nennen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt seien und über die der Betroffene nicht informiert worden sei, sagte Barry J. Pollack der „Washington Post“. Er wisse bisher nichts von einer Anklage Assanges.

Assange befürchtet Todesstrafe in den USA

Wikileaks hatte 2010 hunderttausende geheime Dokumente veröffentlicht, unter anderem über das Vorgehen der US-Streitkräfte während der Kriege im Irak und in Afghanistan. Assange befürchtet deswegen, dass ihm in den USA ein Prozess wegen Geheimnisverrats und womöglich sogar die Todesstrafe drohen könnte.

Assange war 2012 in die ecuadorianische Botschaft in London geflohen, um einer Auslieferung an Schweden wegen Vergewaltigungsvorwürfen zu entgehen. Die Stockholmer Staatsanwaltschaft legte den Fall vergangenes Jahr zu den Akten. Allerdings besteht nach wie vor ein britischer Haftbefehl, weil Assange 2010 gegen Bewährungsauflagen verstoßen haben soll.

Die Anklage gegen Assange in den USA könnte auch Auswirkungen auf die Untersuchung von Sonderermittler Robert Mueller zur Einmischung Russlands in den Präsidentschaftswahlkampf 2016 haben. Mueller prüft dabei, ob das Wahlkampfteam von Donald Trump illegale Absprachen mit Moskau getroffen hat, um die Wahl zu beeinflussen.

Mueller ließ im Juli zwölf russische Spione anklagen. Sie sollen in Computer der Parteizentrale der Demokraten eingedrungen sein und tausende E-Mails und andere Dokumente gestohlen haben. In einer der Anklagen spielt Wikileaks eine Rolle, weil die Plattform von den Russen genutzt wurde, um die gestohlenen Mails zu veröffentlichen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.