Abschiebungen aus Deutschland: Neue Härte gegen Ausgewiesene

Bundesinnenminister Horst Seehofer und einige seiner Länderkollegen wollen rigider abschieben. Bald soll es einen neuen Gesetzentwurf geben.

Abgelehnte Asylsuchende steigen am Baden-Airport im Rahmen einer landesweiten Sammelabschiebung in ein Flugzeug

Durch „No-Name-Buchungen“ sollen bei kurzfristig geplatzten Abschiebungen andere Ausgewiesene ausgeflogen werden Foto: dpa

BERLIN taz | Geht es um Abschiebungen, soll es in Deutschland künftig härter zugehen. Das Bundesinnenministerium bereitet dafür einen Gesetzentwurf vor, der mehrere Verschärfungen vorsieht, um abgelehnte Aslysuchende schneller außer Landes zu schaffen. Auch die bevorstehende Innenministerkonferenz will über das Thema diskutieren.

Das „Zweite Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“ wird laut Innenministerium in Kürze vorgelegt. Angeknüpft werde an den „Masterplan Migration“ und den Koalitionsvertrag, kündigte ein Sprecher an. Beide Papiere geben eine klare Richtung vor: „Die Zahlen der freiwilligen Rückkehr und der Rückführung müssen deutlich gesteigert werden“, heißt es im Masterplan. Auch der Koalitionsvertrag will Hindernisse für „konsequente Abschiebungen“ verringern.

Abzuschiebende sollen stärker verpflichtet werden, an der Wiederbeschaffung ihrer Papiere mitzuwirken – andernfalls droht die Streichung von Leistungen. Wer straffällig wird, soll schneller abgeschoben werden – künftig schon bei Sozialleistungsbetrug oder Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz. Ausgebaut werden sollen zudem Abschiebeknäste der Länder und solche des Bundes an Flughäfen. Und auf die Herkunftsländer soll mehr Druck gemacht werden, ihre Staatsbürger zurückzunehmen, etwa mit einer Einschränkung der Visa-Vergabe.

Was davon genau im Gesetzentwurf steht, dazu äußert sich das Ministerium noch nicht. Der taz liegt aber schon ein Vorschlagspapier des Ministeriums für die „Beschleunigung“ von Dublin-Verfahren vor – also bei Abschiebungen von Flüchtlingen in andere EU-Länder, in denen sie schon zuvor registriert wurden. Demnach könnte es für Abzuschiebende künftig ein „Chipsystem“ geben, das ihre Anwesenheit in ihrer Unterkunft registriert. Mit einer „Nachtzeitverfügung“ müssten sie sich abmelden, wenn sie zwischen 0 und 6 Uhr ihre Unterkunft verlassen wollen. Beides könne „dem Phänomen des Untertauchens wirkungsvoll begegnen“, so das Ministerium.

„Ganz schräge“ Debatte

Auch könnten die Länder zentrale „Überstellungsbehörden“ schaffen, um dort Abschiebungen gebündelt zu organisieren. Das Ministerium verhandelt derzeit zudem mit EU-Ländern, um Charter-Abschiebeflüge dorthin zu erleichtern. Mit Fluggesellschaften sollen dafür auch „No-Name-Buchungen“ vereinbart werden, um im Fall einer kurzfristig geplatzten Abschiebung andere Ausgewiesene auszufliegen. Dafür bereitet bereits heute das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine bundesweite „Überstellungsplattform“ vor, in der geplante Abschiebungen gelistet werden sollen.

Niedersachsens Ministerpräsident Boris Pistorius (SPD) reagierte reserviert. „Wir wissen selber, was wir zu tun haben“, sagte er dem ZDF. Auch seien Ideen wie die „No-Name-Buchungen“ „nicht wirklich realitätsnah“. Günter Burkhardt von Pro Asyl spricht von einer „ganz schrägen“ Debatte: „Hier wird ein System aufgebaut, das rechtsstaatliche Verhältnisse immer weiter angreift.“

Die Vorschläge sollen auch auf der Innenministerkonferenz (IMK) diskutiert werden, die kommende Woche in Magdeburg tagt. Dort wird es auch um mögliche Abschiebungen nach Syrien gehen. Diese sind wegen des dortigen Bürgerkriegs seit Jahren ausgesetzt. Das Bundesinnenministerium prüft derzeit aber, ob zumindest Straftäter und Gefährder nach Syrien ausgewiesen werden können.

Gleich eine Reihe an Landesinnenministern unterstützt den Vorstoß. Bereits vor einem Jahr diskutierte die IMK darüber – und lehnte Abschiebungen nach Syrien bis Jahresende 2018 ab. Nun ist die Debatte wieder entbrannt.

Vergangene Woche legte das Auswärtige Amt einen vertraulichen Syrien-Lagebericht vor. Von einem „komplexen, volatilen“ Bild, sprach ein Sprecher nur. NRW-Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) sagte, mit dem Bericht würden Abschiebungen nach Syrien „rechtlich in nächster Zeit nicht möglich“. Die Debatte sei „populistisch“ und „falsch“. Auch Pro-Asyl-Geschäftsführer Burkhardt nannte diese „völlig absurd angesichts der desolaten Lage“ im Land.

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