Erste Afghanin besteigt Berg: „Ich tat es für alle Mädchen“

Als erste afghanische Frau bestieg Hanifa Yousoufi den höchsten Gipfel ihres Heimatlandes. Noch vor kurzem war das für sie undenkbar.

Von oben ist die Stadt Kabul zu sehen, im Hintergrund befindet sich ein Gebirge

In Afghanistan ist es verpönt, wenn Frauen Extremsport betreiben – wie zum Beispiel Bergsteigen Foto: dpa

Während die Taliban, wie jüngst bei der Afgha­nistan-Konferenz in Moskau, von ihrer ganz eigenen Interpretation von Frauenrechten schwadronieren und auch viele afghanische Politiker weiterhin der Meinung sind, dass das weibliche Geschlecht in der Öffentlichkeit nichts verloren habe, setzt Hanifa Yousoufi für afghanische Frauen jetzt ganz andere, eigene Maßstäbe.

Sie sorgt für positive Schlagzeilen, wird als neue Heldin gefeiert, seit sie vor einigen Wochen den höchsten Berg Afghanistans, den 7.500 Meter hohen Noshak, als erste afghanische Frau bestieg.

Als Yousoufi vor einigen Jahren hörte, dass zwei afghanische Männer den Berg im Jahr 2009 erfolgreich erklommen hatten, fasste sie den Entschluss, dass es auch für afghanische Frauen an der Zeit sei, den Aufstieg zu wagen. In Afghanistan gilt es vielerorts weiterhin als verpönt und unsittlich, wenn Frauen in der Öffentlichkeit aktiv werden, etwa als Sängerinnen auftreten oder auch nur Sport betreiben. Erst recht natürlich, wenn es um Extremsport geht.

Auch Yousoufis persönliche Familiengeschichte hat sie zu dem Wagnis inspiriert. Diese war nicht nur tragisch, sondern auch in gesellschaftlicher Hinsicht exemplarisch für das Land am Hindukusch: Nachdem die Afghanin jung verheiratet worden war, flüchtete sie vor ihrem gewalttätigen Ehemann und ließ sich scheiden. Damit war ihr Schicksal in der weitgehend patriarchalen Gesellschaft so gut wie besiegelt. Geschiedene Frauen werden dort noch immer überwiegend ausgegrenzt.

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Die heute 24-Jährige arbeitete als Putzfrau, um sich selbst, aber auch ihre Familie zu finanzieren. Und das, obwohl ihre Eltern ihren Wunsch nach Bildung praktisch ausgebremst hatten – weil Bildung für Frauen in Afghanistan eben bis heute ein heikles Politikum ist. Die große Veränderung kam, als eine Freundin Yousoufi auf die US-amerikanische Athletenorganisation und NGO „Ascend Afghanistan“ aufmerksam machte.

Man konnte die Schüsse hören

Bevor die junge Afghanin 2016 zu deren Mitglied wurde, hatte sie so gut wie noch nie in ihrem Leben Sport betrieben. 2017 lief sie dann ihren ersten Marathon. Kurz darauf wurde sie Teil des kleinen Teams, das schließlich den Noshak besteigen sollte. Der Trip, der rund 30.000 US-Dollar kostete, wurde von der NGO und einem einzelnen, ungenannten Spender gefördert.

Nicht nur extreme Wetterbedingungen, auch der Krieg machte dem Team am Berg zu schaffen. In der Nähe kämpften afghanische Soldaten mit den Taliban, man konnte die Schüsse hören, wie Yousoufi berichtet.

Das Erreichen des Gipfels sei für sie nicht nur ein persönlicher Erfolg: „Ich tat es für alle Mädchen, und zwar jedes einzelne. Afghanistans Mädchen sind stark, und das werden sie auch weiterhin sein“, sagte sie dem britischen Guardian.

In einem Land, in dem Männer seit jeher so gut wie alles bestimmen, ist die Symbolik von Yousoufis Aufstieg tatsächlich nicht zu unterschätzen. Er zeigt auch, wie gefährlich es vor allem für Frauen ist, in einem von Krieg zerrütteten Land einer Beschäftigung nachzugehen, die anderswo als normal gilt.

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