KSC-Stadion wird abgerissen: Das Wunder vom Wildpark

Das 2:1 des KSC über Würzburg ist historisch: Die Fans verabschieden ihr Stadion, in dem das größte Spiel der Vereinsgeschichte gefeiert wurde.

In einem Stadion werden die Sitzschalen demontiert

Für fünf Euro können sich die KSC-Fans eine Sitzschale aus dem Wildparkstadion abschrauben Foto: dpa

KARLSRUHE taz | Niemand ging nach Hause, über 24.000 Fans blieben am Samstag nach dem Abpfiff im Wildpark und feierten das 2:1 gegen die Würzburger Kickers in der dritten Liga, als sei der Karlsruher SC gerade ins Pokalfinale eingezogen. Es war eben ein ganz besonderer Tag für den Klub. Der KSC spielte zum allerletzten Mal in diesem Stadion, das über 63 Jahre Heimat und Sehnsuchtsort war.

Ab Montag rollen die Bagger, bis 2022 soll sukzessive eine neue, moderne Arena für 34.000 Zuschauer entstehen, die dem Klub eine bessere Zukunft garantieren soll. Der Abschied wurde mit den Evergreens „Time to Say Goodbye“ und „Forever Young“ orchestriert, ein Pyro-Feuerwerk wurde abgebrannt und zum Finale sangen die Fans mit Sängerin Sabine Wittwer die Vereinshymne „Für immer KSC“. Nun hat der alte Wildpark ausgedient.

Und zur großen Abschiedsparty unter dem Motto „Danke Wildpark 1955–2018“ waren viele gekommen, die hier Geschichte geschrieben haben. Leichtathletik-Legenden wie Heinz Fütterer, 87, und Lothar Knörzer, 85, Heinz Ruppenstein, 88, Mitglied der Pokalsiegermannschaft von 1956, Spieler der Erstliga-Aufstiegsmannschaft von 2007 und natürlich Helden des größten Spiels der Vereinsgeschichte, des 7:0 ­gegen den FC Valencia vom 2. November 1993. „Das Wunder vom Wildpark“ hat sich am Freitag zum 25. Mal gejährt.

Mit 1:3 hatte der KSC das Hinspiel in der zweiten Runde des Uefa-Cups gewonnen, doch im Rückspiel überrannte die Mannschaft von Trainer Winnie Schäfer Valencia. Im Halbfinale war dann gegen Casino Salzburg Schluss. Es war der Moment in der Geschichte des KSC – und der Moment im Leben des Edgar Schmidt. Vier Tore schoss der Mittelstürmer an diesem Abend – und wird seither überall „Euro-Eddy“ genannt. Heute arbeitet der 55-Jährige beim Vermarkter des KSC.

Der Moment war zu groß

Doch „Valencia“ wurde nicht nur zur Chiffre der Nostalgiker für den größten Erfolg in der Vereinsgeschichte. „Valencia“ war auch eine Bürde für nachfolgende Teams. Der Moment war einfach zu groß für einen Verein, der lange als Fahrstuhlklub zwischen den Ligen pendelte.

In der Ära mit Trainer Winnie Schäfer (1986–1998) brachten die Badener Talente wie Oliver Kahn oder Mehmet Scholl hervor, die später beim FC Bayern Weltstars wurden. Doch der KSC übernahm sich bei dem Versuch, mit den Großen mitzuhalten.

Zum Finale sang Sabine Wittwer die Vereinshymne „Für immer KSC“

Auch Weltmeister Thomas Häßler konnte 1998 den Abstieg in die Zweite Liga nicht verhindern und der spätere Bundestrainer Jogi Löw im Jahr 2000 nicht den Absturz in Liga 3. Seither kehrte der KSC nur noch 2007 bis 2009 für zwei Jahre in die Bundesliga zurück. Der Wildpark war auch Ort von Dramen wie des knapp verpassten Bundesliga-Aufstiegs in der Relegation gegen den Hamburger SV 2015.

Offiziell eingeweiht wurde das Wildparkstadion am 7. August 1955 mit dem Spiel gegen Meister Rot-Weiß Essen, für den Helmut Rahn spielte, der Deutschland fünf Jahre zuvor in Bern zum Weltmeister geschossen hatte. Rahn erzielte auch ein Tor damals in Karlsruhe beim 2:2. Konzipiert war sie auch für große Leichtathletik-Veranstaltungen, die inoffizielle Einweihung war denn auch das „Za­topek-Sportfest“ drei Wochen zuvor vor 35.000 Zuschauern. Der dreifache Olympiasieger Emil Zatopek bekam als Antrittsgeschenk ein Moped, das ihm Freunde wie Heinz Fütterer halfen auseinanderzubauen – und so in die Tschechoslowakei zu schmuggeln.

Zum Aufstieg verdammt

Die Baukosten der Arena summieren sich auf horrende 123 Millionen Euro, drei Jahre dauert die Bauphase, dann muss der Klub eine ligaabhängige Pacht an die Stadt zahlen. Der klamme KSC, seit Jahren von den Millionen des Unternehmers und Vorstandsmitglieds Günter Pilarsky abhängig, ist zum Aufstieg verdammt.

Der Sieg gegen Würzburg bedeutete für die Mannschaft von Trainer Alois Schwartz nach drei sieglosen Spielen zuvor also mehr als nur einen gelungenen Abschied aus dem alten Stadion. Ob er nach dem Abschied auch den Aufbruch in bessere Zeiten symbolisiert, wird sich zeigen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.