Brustimplantate-Skandal in Frankreich: Gericht ordnet neuen Prozess an

Der Streit um mangelhafte Silikonkissen wird neu aufgerollt. Die Richter kassierten ein vorheriges Urteil ein. Die Opfer sind hoffnungsvoll.

Auf einem geöffneten Brustimplantat ist der Firmenname PIP zu sehen

Etliche Frauen litten unter den mangelhaften Implantaten Foto: dpa

PARIS taz | Im Streit um mangelhafte Brustimplantate aus Silikon in Frankreich wird es einen neuen Prozess geben. Das Kassationsgericht in Paris hat ein Urteil des Berufungsgerichts von Aix-en-Provence von 2015 zu Gunsten der deutschen Prüfagentur TÜV Rheinland kassiert.

Der französische Ableger hatte den Auftrag, die Produkte des Brustimplantateherstellers PIP in Toulon zu zertifizieren. Dort waren bis 2010 in betrügerischer Weise und unter Umgehung der Kontrollen aus rein materiellen Interessen mangelhaftes Gel für Silikonkissen für die Implantate genutzt. Doch das stellte nach Ansicht der Richter in Aix keinen hinreichenden Grund für Schadenersatzforderungen von Tausenden von Frauen in der Welt dar, die zum Teil ernsthafte Probleme mit geplatzten Implantaten hatten oder diese vorsichtshalber entfernen und ersetzen lassen mussten.

Mit dem Kassationsurteil wird diese Auslegung hinfällig. „Wir sind sehr erleichtert. Damit bekommen wir eine erste moralische Genugtuung, und wir erwarten, dass unser Anrecht auf finanzielle Genugtuung nun von der Justiz definitiv bestätigt wird“, erklärte uns gleich nach der Urteilsverkündung in Paris Annie Mesnil, die Sprecherin des Vereins der PIP-Opfer in Frankreich.

Ihr Anwalt Laurent Gaudon ist noch zuversichtlicher. Obwohl die Urteilsbegründung noch nicht bekannt war, ging er im Gespräch mit der taz davon aus, dass die Kassationsrichter im Unterschied zur Berufungsinstanz der Meinung sind, dass der TÜV genügend stichhaltige Hinweise hatte, die unangekündigte Inspektionen bei PIP notwendig gemacht hätten. So sei dem TÜV bekannt gewesen, dass bei PIP nicht das erforderliche Rohmaterial bestellt worden war, erklärte er am Telefon. Hinfällig werden damit auch die bisherigen Forderungen des TÜV, der „in gerade erbärmlicher Weise“ von den Frauen die Rückerstattung von Vorschüssen auf Schmerzensgelder verlangt habe – und dies in manchen Fällen inakzeptabler Form.

Dass in Deutschland der Bundesgerichtshof in Karlsruhe die Forderungen von PIP-Opfer abgewiesen hatte, erklärt Anwalt Gaudon damit, dass bei diesem Prozess die betroffenen Frauen sehr schlecht beraten und repräsentiert worden seien. Im Fall eines neuen Urteils in Paris, das eine Mitverantwortung des TÜV bestätigen sollte, könnten ihm zufolge sämtliche von PIP-Skandal betroffenen Frauen auf der Welt erneut Schadenersatz verlangen.

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