Kolumne Pressschlag: Hoeneß’ Bauchgefühle

Der Bayern-Präsident beklagt, Trainer Niko Kovac rotiere zu viel. Dabei ist das Problem des Klubs die fehlende Rotation auf der Führungsebene.

Porträt Hoeneß

Poltert gerne gegen den eigenen Trainer: Uli Hoeneß Foto: Reuters

Zu viel Rotation auf dem Spielfeld hat Uli Hoeneß am Mittwochabend als das Problem des FC Bayern München ausgemacht und mit dieser Aussage seinen Trainer Niko Kovac an den Pranger gestellt. Die Aufstellung sei Sache von Kovac, erklärte er, und merkte fast schon diabolisch an: „Am Ende muss er ja auch den Kopf dafür hinhalten.“

So ist er halt, der Uli und der FC Bayern, was ja so ungefähr dasselbe ist. Dass er vor gerade einmal zehn Tagen zuvor wie ein Gourmet von Niko Kovac und seiner Arbeit geschwärmt hat („Es ist schon genial, was da zurzeit passiert […], da schnalzt du mit der Zunge“) – geschenkt. Nach dem Sieg gegen Schalke war das gewesen, als der Trainer in der Startelf mal wieder vier Neue aufgeboten hatte. Ein Rotationserfolg. Aber mit sachlichen Argumenten konnte man dem Phänomen Hoeneß noch nie beikommen.

An einem Tag findet er Rotation genial, am nächsten eben saudumm. Als Ottmar Hitzfeld vor zehn Jahren mit seinen Wechselspielen großen Erfolg hatte, teilte Hoeneß vergnügt mit: „Ich werde versuchen, die nächsten drei Tage mitzutrainieren, vielleicht werde ich dann ja auch noch aufgestellt.“

Jetzt aber ist der FC Bayern nur Zweiter und Borussia Dortmund blendend in Form. Die Situation gleicht wie ein Haar dem anderen der Lage im Vorjahr, als der umschwärmte und dann doch erfolglose Carlo Ancelotti gehen musste und Rentner Jupp Heynckes die Sache wieder richten musste.

Dass mit Hoeneß’ Angriff auf die Autorität von Kovac der Meister erneut vor die gleichen Probleme gestellt wird, legt nahe: das eigentliche Problem ist die fehlende Rotation auf der Führungsebene.

Hoeneß verlegt Russland ans Mittelmeer

Direkt nach seiner Haftentlassung hielt sich der wegen Steuerhinterziehung verurteilte Hoeneß eine Weile mit öffentlichen Äußerungen zurück. Doch mittlerweile lässt er wieder seine zum Populismus hin neigenden Bauchgefühle sprechen, dass sich selbst die Bayern-Fans fremdschämen.

Mesut Özil, einem der besten Vorlagengeber der Premier League in den letzten Spielzeiten, attestierte er jüngst nach dessen Rücktritt aus der Nationalmannschaft, „seit Jahren einen Dreck“ gespielt zu haben.

Ohne Sinn und Verstand äußert sich Hoeneß wieder zu allem und jedem.

Ohne Sinn und Verstand äußert sich Hoeneß wieder zu allem und jedem. Dem Leverkusener Karim Bellarabi bescheinigte er kürzlich, dessen Foul an Bayern-Spieler Rafinha sei „geisteskrank“ gewesen. Der gehöre drei Monate gesperrt. Vor einigen Monaten wendete sich Hoeneß auf einer Veranstaltung in Düsseldorf der Weltpolitik zu, zeigte gewisses Verständnis für die russische Annexion der Krim und sagte: „Wenn die Nato immer näher kommt und an die russische Mittelmeerflotte heranrückt, dann möchte ich mal hören, wie Sie reagieren.“

Die Russen am Mittelmeer, der miserable Fußballer Özil, geisteskranke Attacken. Hoeneß steht es frei, sich um Kopf und Kragen zu reden, wer es mit dem FC Bayern hält, muss sich indes gewaltig Sorgen machen.

Philipp Lahm liebäugelt nun offenbar mit einer Karriere beim verkrusteten Deutschen Fußball-Bund, nachdem er das Jobangeobt der Bayern wegen des fehlenden Gestaltungsspielraums abgelehnt hat. Solange beim FC Bayern alle bis auf Uli Hoeneß und den Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge ausgetauscht werden können, hat der Verein ein Problem.

Der Klub benötigt dringend neue Ideen und Sachverstand und weniger Bauchgefühle.

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