Kommentar Ebola und Gewalt im Kongo: Verbündete Schreckgespenster

Wie im Horrorfilm: Im Ostkongo wütet Ebola, Islamisten begehen an den Einwohnern Massaker. Doch Wirklichkeit ist profaner.

Pflegemitarbeiter in einem Schutzanzug

Bikoro im Kongo: Mitarbeiter des Gesundheitswesens ziehen in einem Behandlungszentrum Schutzausrüstungen gegen Viren an Foto: dpa

Es liest sich wie das Szenario eines Horrorfilms: Mysteriöse bewaffnete Kämpfer einer Gruppierung, die vom Staat als islamistische Terrororganisation dargestellt wird, dringen nachts in Wohngebiete ein, töten wahllos Zivilisten, ziehen sich zurück, schlagen erneut zu – und als Ergebnis bricht der internationale Kampf gegen das nicht minder mörderische Ebola-Virus tagelang fast komplett zusammen. Rund um die Distrikthauptstadt Beni im Osten der Demokratischen Republik Kongo scheinen sich alle Schreckgespenster der Welt verbündet zu haben.

Die Wirklichkeit ist etwas profaner. Islamistische Terroristen im Ostkongo gibt es nur in der Fantasie des kongolesischen Staates, der Sympathie für seinen Krieg gegen lokale Rebellen zu gewinnen versucht. Und Ebola ist im Ostkongo offenbar so gut im Griff wie nirgends sonst: Die internationalen Impfkampagnen wirken, viele Patienten gesunden wieder, die befürchtete Ausbreitung auf Großstädte und Handelsrouten scheint auszubleiben.

Dennoch: Die Menschen in Beni und Bürgerrechtler anderswo im Kongo gehen jetzt zu Recht auf die Straße. Politische Interessenkonflikte sowie Streitigkeiten um Land und lokalen Einfluss werden gerade im Vorfeld der geplanten Wahlen verstärkt mit der Waffe ausgetragen und mit Terror gegen Zivilisten als Kriegsmittel. Nicht nur lokale Rebellen sind dafür verantwortlich, auch Staat und Armee sind dabei Täter oder zumindest Komplizen. Und die Ebola-Seuche sowie die mit ihrer Bekämpfung einhergehende nötige Einhaltung scharfer Präventionsregeln machen der Masse der Bevölkerung ein ohnehin unvorstellbar hartes Leben noch schwerer.

Nicht nur in Beni, überall in dem 80 Millionen Einwohner zählenden Riesenstaat haben die Leute die Schnauze voll. Und sie wissen nicht, ob die Wahlen im Dezember ein Ventil für ihre Unzufriedenheit bieten werden – oder vielmehr eine Bühne zur Legitimation staatlicher Willkür. Wer von außen den Kongolesen helfen will, darf sich nicht nur um Ebola Sorgen machen, sondern auch darum, ob es zu freien und fairen Wahlen kommt und endlich ein Staatswesen entsteht, das die Menschenwürde achtet.

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