Türkei nimmt Journalisten fest: Erdoğans Geiselpolitik geht weiter

Die Hoffnung war groß, dass ausländische Journalisten wieder akzeptiert würden. Die Festnahme eines Österreichers beweist das Gegenteil.

Zwei türkische Flaggen wehen im Wind. Im Hintergrund ist der Galataturm in Istanbul zu sehen.

Widersprüchliche Signale: Ist die Türkei um Entspannung gegenüber der EU bemüht? Foto: dpa

ATHEN taz | Mit der Verhaftung des österreichischen Journalisten Max Zirngast am Dienstagmorgen hat die türkische Regierung klargemacht, dass sie nach wie vor nicht gewillt ist, ihre Politik der Geiselnahme ausländischer Staatsbürger aufzugeben. Wie vor ihm der deutsche Journalist Deniz Yücel wird Zirngast zunächst in Polizeihaft festgehalten, ohne dass er oder sein Anwalt wissen, was genau ihm vorgeworfen wird. Vage ist von „Terrorpropaganda“ und Unterstützung einer illegalen Organisation die Rede.

Zirngast ist freier Mitarbeiter mehrerer linker Publikationen, darunter der österreichischen Zeitschrift re:volt und der deutschen Jungen Welt. Die Festnahme von Zirngast widerlegt die Hoffnung, dass die türkische Regierung nach der Freilassung von Deniz Yücel und zuletzt der Ausreiseerlaubnis für die deutsche Journalistin Meşale Tolu, die Arbeit ausländischer Journalisten in der Türkei wieder akzeptieren würde, auch wenn deren Berichte die Regierungspolitik scharf kritisieren.

Die Festnahme ist auch deshalb bemerkenswert, weil Österreich derzeit den Ratsvorsitz innerhalb der EU innehat und der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan nach Auskunft seines Außenministers Mevlüt Çavuşoğlu sich um eine Entspannung gegenüber der EU bemüht. Noch beim Besuch des deutschen Außenministers Heiko Maas in Ankara letzte Woche, schienen beide Politiker gewillt, Streitpunkte auszuräumen.

Dazu gehören auch mehrere Deutsche, die nach wie vor in der Türkei in U-Haft sitzen und deren Freilassung Maas gegenüber Çavuşoğlu gefordert haben soll. Die Sprecherin des Auswärtigen Amtes Maria Adebahr gab am Mittwoch bekannt, dass eine von insgesamt sieben festgehaltenen Personen mittlerweile aus der U-Haft entlassen wurde, gegen den Betroffenen aber eine Ausreisesperre verhängt wurde.

Adebahr bestätigte auch Medienberichte, dass ein anderer dieser sieben Deutschen, Nejat U., bereits im vergangenen Jahr in erster Instanz wegen Mitgliedschaft in der Gülen-Sekte zu neun Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden sei. Im Moment laufe ein Berufungsverfahren.

Kein Fortschritt im Fall Brunson

In Deutschland wurde erwartet, dass zumindest die inhaftierten Deutschen vor dem für den 28. September geplanten Staatsbesuch Erdoğans in Berlin freigelassen würden. Auch der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz hat gefordert, Max Zirngast freizulassen, sollte die Türkei keine konkreten Vorwürfe vorweisen können.

Im Fall der derzeit prominentesten ausländischen Geisel in der Türkei, dem amerikanischen evangelikalen Pastor Andrew Brunson, gibt es keinerlei Fortschritte. Um die Freilassung Brunsons zu erreichen, hat US-Präsident Trump sogar Sanktionen gegen die Türkei verhängt, bislang allerdings ohne Erfolg.

Brunson wurde zwar aus der Haft entlassen, steht jetzt aber unter Hausarrest. Ein Treffen zwischen Erdoğan und Trump am Rande der UN-Vollversammlung in New York Ende September ist nach türkischen Medienberichten von amerikanischer Seite abgelehnt worden.

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