Spaniens „Hauptstadt der Korruption“: Wohin nur mit dem Geld?

Der Luxusbadeort Marbella galt als Hort der Korruption. Nun sind Millionen zurück an die Stadt geflossen. Die Bürger stimmen über die Verwendung ab.

Ein Baum im Sonnenschein

Die Sonne scheint weiter, doch die Zeiten in Marbella ändern sich Foto: dpa

MADRID taz | Die „Hauptstadt der Korruption“ wurde Marbella an der Costa del Sol lange genannt. Jetzt stimmen die 140.000 Einwohner des Luxusbadeortes an Spaniens südlicher Mittelmeerküste darüber ab, was mit den 15 Millionen Euro geschehen soll, die nach den Gerichtsverfahren gegen ein Korruptionsnetzwerk in der Stadt zurück ins Stadtsäckel flossen.

Insgesamt schlägt die Stadtverwaltung unter der konservativen Bürgermeisterin Ángeles Muñoz zwanzig Projekte vor. Darunter findet sich beispielsweise der Neubau eines Altersheimes oder einer Bibliothek bis hin zum Umbau eines Sporthalle oder der Renovierung des städtischen Parks.

Etwas mehr als zwölf Millionen Euro stammen aus Verfahren am spanischen Sondergerichtshof für Korruption und Terrorismus, der Audiencia Nacional in Madrid, der Rest aus Verfahren am Provinzgericht. Die Stadt­oberen hatten Marbella, den Badeort der Reichen und Schönen, dereinst zu einem Hort der Korruption gemacht – bis 2006, als der damalige sozialistische Regierungschef Spaniens, José Luis Rodríguez Zapatero, die Gemeindeverwaltung Marbellas auflöste. Marbella wurde bis zu Neuwahlen unter die Verwaltung eines unabhängigen Gremiums gestellt. Es folgte der bis dahin größte Bestechungsprozess der spanischen Rechtsgeschichte.

Insgesamt gab es knapp über achtzig Beschuldigte, von denen mittlerweile über dreißig rechtskräftig verurteilt sind. Unter ihnen befinden sich ehemalige Bürgermeister Marbellas, wie Marisol Yagüe und Juan Muñoz, sowie dessen Lebenspartnerin, die bekannte spanische Schlagersängerin Isabel Pantoja. „Plünderung 1“ und „Plünderung 2“ tauften die Ermittler zwei der Untersuchungen.

Luxussiedlungen und Yachthäfen

Alles begann mit dem ehemaligen Präsidenten des hauptstädtischen Fußballerstligisten Atlético de Madrid, dem Bauunternehmer Jesús Gil y Gil. Er gewann 1991 erstmals die Bürgermeisterwahlen in Marbella mit seiner eigenen Partei, der Unabhängigen Liberalen Gruppe (GIL). Die Formation kaufte den halben Stadtrat Marbellas ein und regierte auch in mehreren Nachbargemeinden. Das Geld verdiente die mafiöse Struktur mit riesigen Bauprojekten, von Luxussiedlungen bis hin zu Yachthäfen. Wer kein Schmiergeld bezahlte, durfte sich keine Hoffnung auf Aufträge machen. Jede dritte Wohnung in Marbella wurde so errichtet.

Jesús Gil y Gil verstarb 2004 im Alter von 71 Jahren, zwei Jahre vor den ersten Festnahmen. Die Chefs des Korruptionsnetzwerkes führten ein Leben in Saus und Braus; Luxusvillen, teure Autos, edle Pferde gehörten zum Standard. Gil y Gil selbst gab Fernsehinterviews im Whirlpool, mit schwerem Schmuck behängt und umgeben von jungen Frauen im Bikini.

Die jetzige Bürgermeisterin Muñoz hatte sich in der zweiten spanischen Parlamentskammer, dem Senat, dem sie angehört, dafür eingesetzt, dass Bußgelder und Entschädigungen ihrer Stadtverwaltung zu Gute kommen, anstatt im Staatshaushalt zu verschwinden. Für den Haushalt des kommenden Jahres stellte sie bereits einen erneuten Antrag auf weitere Millionen.

Ergebnis soll nächste Woche veröffentlicht werden

„Es geht um die Priorität der Projekte – die, die nicht gewählt werden, werden später durchgeführt“, erklärt Bürgermeisterin Muñoz. Denn Marbella hat neben diesen Geldern auch Immobilien und Luxusgüter im Wert von weiteren 15 Millionen Euro zugesprochen bekommen. Ein Teil soll von der Gemeinde genutzt werden. Der Rest soll versteigert werden.

Auch stehen noch weitere Gelder aus, bis hin zu einer Gesamtsumme von 300 Millionen Euro an Bußgeldern und Entschädigungszahlungen. Sie wurden in den Gerichtsurteilen, gegen die kein Widerspruch mehr eingelegt werden kann, bereits festgeschrieben. Die Zahlung steht allerdings noch aus.

Noch bis zum Wochenende können die Bürger im Rathaus, den Bezirksverwaltungen oder im Internet darüber abstimmen, wie die bisherigen Zahlungen verwendet werden sollen. Kommende Woche dann soll das Ergebnis bekannt gegeben werden. Die Abstimmung ist zwar rein rechtlich nicht verbindlich, aber der Stadtrat wird sich auf seiner Sitzung Mitte Oktober wohl kaum über das Ergebnis hinwegsetzten.

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