Trumps Ex-Vertraute vor Gericht: Schwere Bürde für den Wahlkampf

Trumps Ex-Kampagnenchef wird für schuldig befunden. Sein langjähriger Anwalt belastet ihn. Das schmälert auch die Chancen der Republikaner.

In einer Gerichtssaalskizze plädiert Michael Cohen, ehemaliger persönlicher Anwalt des US-Präsidenten Trump, für schuldig

Bekennt sich schuldig: Trumps langjähriger Anwalt Michael Cohen Foto: dpa

NEW YORK taz | Für Donald Trump war es die schwärzeste Stunde seiner bisherigen Amtszeit. Am Dienstag befand ein Gericht in Alexandria im Bundesstaat Virginia seinen ehemaligen Kampagnenchef Paul Manafort für schuldig. Ein zweiter Vertrauter des US-Präsidenten, sein langjährigen Anwalt Michael Cohen, bekannte sich in New York unter anderem wegen Verstößen gegen Regeln zur Wahlkampffinanzierung schuldig.

Anders als bei vorausgegangenen Prozessen gegen seine Mitarbeiter sitzt der US-Präsident dieses Mal persönlich mit in der Patsche. Denn Cohen beschrieb Trump – ohne ihn namentlich zu nennen – wie einen Mit-Verschwörer. Er habe „im Auftrag und in Absprache mit einem Kandidaten“ Schweigegelder an zwei Frauen gezahlt, sagte Cohen unter Eid. Ziel sei es gewesen, „die Wahlen zu beeinflussen“.

Die Schweigegelder in der Schußphase des Präsidentschaftswahlkampfes gingen an zwei Frauen, die aussagen, dass sie Affären mit Trump hatten. Im Sommer 2016 zahlte Cohen auf dem Umweg über ein Magazin 150.000 Dollar an Karen McDougal, ein ehemaliges Playboy-Model. Ende Oktober 2016 – nur elf Tage vor den Wahlen – zahlte er weitere 120.000 Dollar an die Pornodarstellerin „Stormy Daniels“. Beide Frauen hatten zuvor klar gemacht, dass sie mit Details über ihre Affären – aus den Anfangsjahren von Trumps' dritter Ehe – an die Öffentlichkeit gehen wollten.

Als die erste Schweigegeldzahlung im Zuge der Arbeit von Sonderermittler Robert Mueller bekannt wurde, behauptete Cohen noch, er habe aus seiner eigenen Tasche gezahlt. Und Trump antwortete Journalisten, er habe nichts davon gewusst. Damals verstand Cohen sich noch als Trumps‘ bedingungsloser Getreuer und erklärte, er sei bereit, „eine Kugel für Trump zu nehmen“.

„Er will die Wahrheit sagen“

Doch seither ist Anwalt Cohen klar geworden, dass er ein Leben hinter Gittern riskiert. Im Frühling hat das FBI sein Haus, sein Büro und sein Hotelzimmer durchsucht, er kam vorübergehend in Haft und die Justiz fand Verdachtsmomente für so viele Straftaten – von Steuerhinterziehung, über betrügerische Geschäfte bis hin zu betrügerischer Wahlkampffinanzierung – dass er ein Leben hinter Gittern riskierte.

Unter diesen Eindrücken rückte Cohen allmählich von Trump ab. Signalisierte seine Bereitschaft, mit Sonderermittler Mueller zusammen zuarbeiten. Erklärte, dass seine erste Loyalität seiner eigenen Familie gelte. Gab Ton-Aufnahmen, die er heimlich von Gesprächen mit Trump gemacht hatte, an Medien weiter. Und engagierte schließlich Lenny Davis als Verteidiger – einen Juristen, der im Weißen Haus gearbeitet hat, als dort der Demokrat Bill Clinton Präsident war.

Am Dienstag Abend sagte Verteidiger Davis bei einem Interview mit dem TV-Sender MSNBC, dass sein Mandant Cohen sich nach dem Schuldbekenntnis nun „frei“ fühle. „Auf ihm lastet kein Schatten mehr“, so Davis: „Er will die Wahrheit sagen“. Er fügte hinzu, dass sein Mandant Wissen über jede Menge Dinge habe, die „sehr interessant“ für Sonderermittler Mueller wären.

Trump reagierte mit verdächtigem Schweigen auf Cohens spektakulären Auftritt vor dem Gericht in New York. Er äußerte sich auch zu seinem ehemaligen Kampagnenchef Manafort nur knapp. Direkt nachdem die Geschworenen in Alexandria Manafort der Steuerhinterziehung und anderen Betrugs schuldig gesprochen hatten, lobte der Präsident ihn als einen „guten Mann“. Er nannte die Ermittlungen von Robert Mueller, die zu dem Prozess gegen Manaforts geführt haben, erneut eine „Hexenjagd“ und eine „Schande“. Zugleich versuchte der Präsident, seine Beziehung zu Manafort herunterzuspielen. Er erinnerte daran, dass Manafort auch schon für Ronald Reagan gearbeitet habe.

Direktes Resultat der Mueller-Ermittlungen

Manafort hat im Laufe seiner Karriere zahlreiche Diktatoren in Afrika und Asien politisch beraten. Für Trump war er der Kampagnenchef während der entscheidenden Monate, die mit Trumps' Nominierung als republikanischem Präsidentschaftskandidaten kulminierten. Wenig später musste Manafort gehen, weil erste Details über seine unklaren Beziehungen nach Russland und in die Ukraine sowie über geheime Geldflüsse von dort in seine Taschen bekannt wurden.

Manafort hat diese zweistelligen Millionen-Dollarbeträge lange vor seiner Tätigkeit für Trump kassiert, weshalb der Präsident glaubt, er könne so tun, als ginge ihn der Prozess in Alexandria nichts an. Am Dienstag haben die Geschworenen dort Trumps‘ ehemaligen Kampagnen in acht – von insgesamt 18 – Anklagepunkten als „schuldig“ betrachtet. Doch schon im September steht Manafort ein weiterer Prozess in Washington an. Auch der ist ein direktes Resultat der Mueller-Ermittlungen.

Anders als Manafort, der – soweit bekannt – kein belastendes Wort zu Trump gesagt hat, und der es bislang offenbar in Kauf nimmt, sein Leben hinter Gittern zu verbringen, ist Cohen gegen Trump in die Offensive gegangen.

Cohen ist gegenwärtig gegen Kaution auf freiem Fuß. Doch auch ihm droht eine hohe Gefängnisstrafe, die freilich milder ausfallen könnte, wenn er mit Sonderermittler Mueller zusammenarbeitet.

Schwerwiegendes Argument gegen Trump

In den entscheidenden Stunden, als die Schuldsprüche kamen, war Trump auf dem Weg zu einer Wahlkampfveranstaltung in West Virginia. Bei seinem Auftritt vor mehrheitlich weißen Anhängern in dem Kohlestaat wetterte er zwar kurz gegen die „Hexenjagd“ – das gehört bei ihm zum Standardprogramm – doch er erwähnte weder Manafort noch Cohen. Als US-Präsident könnte Trump theoretisch beide Männer begnadigen. Niemand könnte diese Entscheidung anfechten.

Doch zugleich befindet sich der Präsidenten in einer neuen Gefahrenzone. Nur 77 Tage vor den Halbzeitwahlen sind die Schuldsprüche in Alexandria und New York eine neue, schwere Bürde für den Wahlkampf der Republikaner.

Falls die Demokratische Partei im November tatsächlich Mehrheiten im Kongress erobert, rückt auch ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump in den Bereich des Möglichen. Die Zahlung von Schweigegeldern, um den Ausgang der Präsidentschaftswahl zu beeinflussen, wäre dann ein schwerwiegendes Argument gegen Trump.

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