Böse Überraschung bei Kandidatenkür: Eine schlimme Diagnose

Die CDU will mit Aygül Özkan als Bürgermeisterkandidatin in den Wahlkampf ziehen. Doch die ehemalige Politikerin ist schwer erkrankt.

Weiß, wie Wahlkampf geht und auch das Regieren: Aygül Özkans Konterfei unterwegs im niedersächsischen Wahlkampf 2012. Foto: Peter Steffen/dpa

HAMBURG taz | Der Coup war perfekt vorbereitet. Am 2. September wollte die Spitze der Hamburger CDU der Öffentlichkeit bekannt geben, dass sie mit der aus Hamburg stammenden Aygül Özkan an der Spitze in den Bürgerschaftswahlkampf zieht. Eine Kandidatin, so sind sich Parteichef Roland Heintze und Fraktionschef André Trepoll sicher, die für die WählerInnen eine echte Alternative zum blassen Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) gewesen wäre. Beide waren selbst als Kandidaten gehandelt worden.

Schon seit Monaten wurde die Kanditatenkür vorbereitet. In einem fertig produzierten Film für den Wahlkampf sagt die türkischstämmige Politikerin, sie freue sich darauf „Hamburgs Erste Bürgermeisterin zu werden“.

Das Schicksal aber droht nun den Christdemokraten und ihrer Auserwählten einen Strich durch die Rechnung zu machen. Vergangenen Mittwoch erfuhr die 46-Jährige, das sie schwer erkrankt ist, so schwer, dass sie „die tolle Herausforderung im Moment leider nicht annehmen kann“.

Heintze und Trepoll aber wollen trotzdem an ihr als Bürgermeister-Kandidatin festhalten. Erst 2019 soll die Entscheidung fallen, ob der Gesundheitszustand Özkans es zulässt, sich mit voller Kraft dem Wahlkampf zu widmen und das höchste politische Amt der Stadt zu bekleiden.

CDU-Parteichef Roland Heintze

„Etwas hat sich dramatisch geändert“

„Etwas hat sich dramatisch geändert“, sagt Heintze und man sieht ihm an, dass ihn die Hiobsbotschaft mitgenommen hat. „Wir machen etwas, was in der hektischen Politik sonst unmöglich scheint, wir nehmen uns die Zeit, die Aygül Özkan braucht“, ergänzt Trepoll. Es gebe keine Alternative. Heintze: „Wir haben keinen Plan B und wir diskutieren jetzt auch keinen.“

Denn wer auch immer Özkan als SpitzenkanditatIn nachfolgen würde, sollte ihre Gesundheit eine Kandidatur nicht zulassen, wäre mit dem Makel behaftet, nur Ersatz zu sein. Trepoll hat sich mit dem Satz, Frau Özkan sei „eine Person, die das besser kann als ich“, selber von der Kandidatenliste genommen, und auch Roland Heintze erfüllt nicht die Kriterien, die seine Wahl auf die in Hamburg geborene Politikerin fallen ließen: weiblich, mit Migrationshintergrund, in der Wirtschaft verankert.

Die erste Frau in 1.200 Jahren

Das erste Mal in 1.200 Jahren Stadtgeschichte eine Frau an der Spitze Hamburgs zu stellen, das hätte sich die Hamburger CDU, sonst eine fast frauenfreie Politikzone, gerne auf ihre Fahnen geschrieben. Zwischen 2010 und 2013 war Özkan als niedersächsische Familien- und Sozialministerin bereits das erste Mitglied eines Landeskabinetts mit muslimischem Glauben und türkischen Wurzeln gewesen. Sollte Özkan nicht vollständig oder nicht rechtzeitig gesunden, hat ihre Personalie die Messlatte für die Hamburger CDU-Spitzenkandidatur sehr hoch gelegt.

Geplant war, dass die Juristin, die in gehobener Position für die Deutsche Bank in Berlin arbeitet, in einem halben Jahr in ihre Heimatstadt zurückkehrt, sich ganz dem Wahlkampf widmet und auch bei einer Niederlage ihr Bürgerschaftsmandat antritt.

Dass die CDU jetzt die Personalie im denkbar ungünstigsten Moment bekannt gab, liegt daran, dass Anfang der Woche Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank ihre Ambitionen kundgetan hatte, für die Grünen als Spitzenkandidatin anzutreten und wenige Tage später durchsickerte, Trepoll werde seinen Hut wohl nicht für die CDU in den Ring werfen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.