TXL-Volksentscheid: Sie klagen, sie klagen nicht …

Ob die Tegelretter von der FDP zur Verfassungsklage greifen, bleibt vorläufig offen. Fraktionschef Czaja will alles erst „sorgfältig prüfen“.

In Sachen TXL immer angriffslustig: FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja Foto: dpa

Während am künftigen Großflughafen BER die Weichen für den weiteren Ausbau gestellt werden, bleibt unklar, was die Opposition noch in der Hand hat, um die Stilllegung des Flughafens Tegel zu verhindern. Nachdem der Senat im März und das Abgeordnetenhaus im Juni beschlossen hatten, dass Tegel trotz des erfolgreichen Volksentscheids über seine Offenhaltung außer Betrieb gehen soll, sobald der BER eröffnet, blieb eine mögliche Verfassungsklage das einzige Drohpotenzial der Pro-Tegel-Partei FDP. Andere Medien hatten zuletzt berichtet, dass die FDP-Fraktion unter Sebastian Czaja nun von den Klage-Plänen abgerückt sei. Das Risisko, damit zu scheitern, sei offenbar zu hoch.

Noch Ende Mai hatte Czaja in Aussicht gestellt, dass die Klage eingereicht werde, sobald das Abgeordnetenhaus über die Frage abgestimmt habe – was die FDP im Übrigen als Missachtung der WählerInnen interpretierte, die dem Senat ja per direkter Demokratie zum Handeln aufgefordert hätten. Nun sagte der Fraktionschef zur taz, eine Klage sei keineswegs vom Tisch, sie werde aber auch nicht vom Zaun gebrochen: „Wir haben seit der Beschlussfassung von Rot-Rot-Grün im Plenum ein Jahr Zeit, eine Verfassungsklage einzureichen, und behalten uns vor, das sorgfältig zu prüfen und abzuwägen.“

Es gehe der FDP „nicht um Sensationen, sondern darum, dass am Ende des Tages Tegel offen bleibt. Dafür werden wir das tun, was den Berlinern zu ihrem Recht verhilft.“ Czaja verwies auf den gerade eingesetzten neuen BER-Untersuchungsausschuss, bei dem „auch das Thema der Kapazitäten eine herausragende Rolle spielen“ werde. Die Argumentation der Liberalen in Sachen Tegel basiert in erster Linie auf den mutmaßlich unzulänglichen Abfertigungskapazitäten am BER.

Die Obmänner von SPD und Linkspartei im Untersuchungsausschuss, Jörg Stroedter und Carsten Schatz, hatten in der Berliner Zeitung geäußert, sie erwarteten, dass die FDP auf die Verfassungsklage verzichte – zu überschaubar seien die Chancen. Dieser Einschätzung schloss sich Grünen-Obmann Marc Urbatsch an: „Ich sehe nicht, dass da juristisch etwas zu holen ist“, so Urbatsch zur taz. In Bezug auf die letzte von der FDP beauftragte Expertise, die belegen sollte, dass Berlin den gemeinsamen Landesentwicklungsplan mit Brandenburg zur Flughafenentwicklung einseitig kündigen könne, sagte er: „Ich war erstaunt, wie dünn selbst dieses Gutachten ausgefallen ist. Ein wasserdichter juristischer Weg wurde da nicht geliefert.“

Zumindest oberflächlich spricht auch das deutliche Minus bei den Fluggastzahlen an den beiden aktiven Flughäfen gegen die FDP-Linie: Im ersten Halbjahr 2018 lagen sie 4,2 Prozent unter dem Vorjahreszeitraum, in Tegel sogar um 6,7 Prozent. Für Sebastian Czaja handelt es sich dabei nur einen vorübergehenden, durch die Air-Berlin-Pleite hervorgerufenen Knick in der Kurve: „Das sind ganz normale Schwankungen, wie es sie auch nach 9/11 oder der Lehman-Krise gab. Die Zahl von 60 Millionen Fluggästen im Jahr 2030 bleibt eine völlig realistische Annahme.“ Das wäre fast das Doppelte der derzeit rund 33 Millionen Passagiere.“

„Lügenkonstrukt BER“

Am Dienstag hatte das Bauordnungsamt des Landkreises Dahme-Spreewald der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) die Baugenehmigung für das Erweiterungsterminal T2 erteilt. Das „optisch ansprechende, aber stark funktional konzipierte“ Gebäude (O-Ton FBB-Chef Engelbert Lütke Daldrup) soll von Billigfluglinien genutzt werden und 6 Millionen Passagiere im Jahr abfertigen.

Damit würde sich die BER-Gesamtkapazität schon kurz nach dessen auf 2020 terminierten Inbetriebnahme auf 28 Millionen erhöhen – plus Schönefeld-Alt: 40 Millionen. Sebastian Czaja bezeichnete die Baugenehmigung am Dienstag als „neuen Baustein“ für das „Lügenkonstrukt BER.“ Von einer „seriösen Kapazitätserweiterung für den Luftverkehrsstandort Berlin-Brandenburg“ könne „überhaupt keine Rede sein“.

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