Tarifkonflikt mit dem Land Berlin: Gewerkschaft gegen Lohnanstieg

Berlin findet keine Amtsärzte. Die Idee, beim Gehalt außertariflich draufzulegen, wird vom Personalrat abgelehnt.

Eine Spritze an einem Arm

Eine kleine Finanzspritze für Amtsärzte, und schon gibts Ärger Foto: dpa

BERLIN taz | Tarifkonflikte begleiten den rot-rot-grünen Senat beinahe vom ersten Tag an. Das Versprechen der Koalitionäre, die Tarifflucht in Landesbetrieben zu beenden und ausgelagerte Bereiche wieder in eine geordnete Tarifstruktur einzugliedern, nehmen Gewerkschaften und Beschäftigte wörtlich. Die bisherigen Abschlüsse bleiben oft unter den Erwartungen, vor allem für die untersten Lohngruppen aber konnten in den vergangenen anderthalb Jahren bemerkenswerte Fortschritte erzielt werden. Ein ganz anderes Problem tut sich nun am oberen Ende der Einkommensskala für Beschäftigte im öffentlichen Dienst auf.

Der Mangel an hochqualifiziertem Fachpersonal zur Besetzung freier Stellen macht sich zum Beispiel im öffentlichen Gesundheitsdienst bemerkbar. AmtsärztInnen sind schwer zu finden, neu geschaffene und frei werdende Stellen können oft nicht nachbesetzt werden. Die Konkurrenz ums Personal geht nicht selten zugunsten besser zahlender Kliniken und Privatpraxen aus.

Deshalb schlugen die Senatsverwaltungen für Gesundheit und Finanzen dem Hauptpersonalrat des Landes im Juni vor, FachärztInnen im Gesundheitsdienst nach Einzelfallprüfung außertariflich zu beschäftigen und somit höhere Vergütungen als im Tarifvertrag der Länder vorgesehen zu bezahlen. Orientieren sollte sich die Bezahlung an der von FachärztInnen an Universitätsklinika.

Am Dienstag lehnte der Hauptpersonalrat diesen Vorschlag ab, die Gewerkschaften Verdi, GEW und GdP begrüßen den Schritt. Verdi-Sprecher Andreas Splanemann erklärte gegenüber der taz, dass „sich dieses Problem seit Jahren ankündigt, allen Seiten bekannt ist, aber nicht durch einseitige Maßnahmen nachhaltig gelöst werden kann“. Die Individualisierung von Lohnverhandlungen und die Herauslösung einer einzelnen Berufsgruppe aus dem Tarifgefüge stößt der Gewerkschaftsseite besonders auf, ist ihr Interesse doch eine möglichst einheitliche und transparente Gehaltsstruktur.

Warmlaufen für die nächste Tarifrunde

Das Versprechen der Gesundheitssenatorin, dass die Ausnahme für FachärztInnen „perspektivisch in eine tarifvertragliche Regelung münden“ solle, ist dem Hauptpersonalrat offenbar zu vage. Ohne Zustimmung des Personalrates wird es keine kurzfristige Änderung geben können. Sollte das Land überlegt haben, für die dringend benötigten Bauingenieure eine ähnliche Konstruktion zu finden, kann die nun ebenfalls getrost beerdigt werden.

Die Absicht des Landes, schnelle Lösungen zu finden, ist damit erst einmal erledigt. Die Gewerkschaften verweisen auf die nächste Tarifrunde, die bereits Anfang nächsten Jahres ansteht. Dann ließen sich Verhandlungslösungen finden, um die öffentlichen Arbeitgeber konkurrenzfähiger zu machen. Eva Henkel, Sprecherin der Finanzverwaltung, kritisiert diesen Verweis: „Die Rekrutierungsschwierigkeiten im öffentlichen Gesundheitsdienst sind seit Längerem bekannt, ohne dass bisher von Verdi entsprechende Forderungen erhoben wurden.“ Die Senatsverwaltung werde das Schreiben des Hauptpersonalrats prüfen und „überlegen, wie der nunmehr eingetretene Schaden für das Land Berlin abgewendet“ werden könne. Mitten im Sommer passen so die Beteiligten ihre Rhetorik vorsorglich an die kommende winterliche, vermutlich aber heiße Tarifrunde an.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.