Clever & Smart feiern Geburtstag: Nonstop Nonsens

Wenig Durchblick, aber viel Durchschlagskraft: Der Comic-Klassiker „Clever & Smart“ wird 60 Jahre alt und auf Deutsch neu aufgelegt.

EIne Szene aus dem Comic

Szene aus Clever&Smart-Comic

Mit dem Comic ist es ein wenig wie beim Pop: Wo in der Musik die mitsingbaren Identifikationsangebote für ganze Generationen mehr und mehr anspruchsvolleren Angeboten für kleinere Zuhörerschaften weichen, ist der Comic mit dem Aufkommen der Bezeichnung Graphic Novel künstlerisch geadelt und „elitärer“ worden. Fast scheint es, als müsse man immer noch weg vom Schmuddel­image, das die Comic-Heftchen anfangs aufgeklebt bekamen.

Dass Comics sich als eigene Kunstform sehr wohl behaupten können, ohne auf literarische Vorlagen zurückgreifen oder anderweitig ihre hochkulturelle Anschlussfähigkeit unter Beweis stellen zu müssen, lässt sich schön an den wiederaufgelegten ersten Alben der Agenten-Comicserie „Clever & Smart“ nachvollziehen, die der Carlsen Verlag jetzt zum 60. Jubiläum der Reihe in einer neu überarbeiteten Ausgabe herausgebracht hat.

Das erste Heft auf Albumlänge erschien zwar 1969. Sein Schöpfer, der spanische Zeichner Francisco Ibáñez, hatte jedoch schon 1958 in der Zeitschrift Pulgarcito begonnen, die Abenteuer seines eher unterbelichteten Duos zu veröffentlichen, das im Original „Mortadelo y Filemón“ heißt.

Bis heute zeichnet er neue Einsätze der beiden – dieses Jahr erschien die Nummer 210 –, auch wenn deutsche Leser nach 2002 keine neue Folge mehr zu lesen bekamen. Was durchaus einen Verlust bedeutet, wenn man sich allein die Nummern 1 bis 3 vornimmt.

Francisco Ibáñez: „Clever & Smart“. Band 1–5, Carlsen, Hamburg 2018, 9,99 Euro pro Band

Das Prinzip, nach dem die Geschichten von Fred Clever und Jeff Smart gebaut sind, folgt einer aus übersichtlichen Elementen zusammengesetzten Choreografie, die Ibáñez stets aufs Neue zu variieren weiß. Eines davon ist die fast permanente Gewaltanwendung: Die zwei Agenten, unterwegs im Dienst des T.I.A. (nach spanisch „tia“ für Tante), hauen entweder ihren Gegnern, unbeteiligten Passanten oder einander aufs Auge, lassen andere oder sich selbst mit Sprengkörpern in die Luft fliegen oder Dinge aus größerer Höhe zwecks Betäubung des Gegners heruntersausen.

Dass sie in der Mehrheit der Fälle ihr eigentliches Ziel verfehlen und dafür anderen Schaden zufügen, ist eine der konsequent beibehaltenen Slapstick-Zutaten. Die Komik entsteht dabei insbesondere durch das gleichfalls durchgängig geltende Prinzip der Unzerstörbarkeit der Körper: Mag noch so viel Brutalität im Spiel sein, am Ende läuft es für die Beteiligten auf wenig mehr als eine gut sichtbare Beule oder ein paar Bandagen hinaus. Die Katz-und-Maus-Spiele von „Tom und Jerry“ lassen grüßen.

Ein weiterer Running Gag sind die unerschöpflichen und eher unüblichen Verkleidungen von Fred Clever, mit denen er die Zielpersonen zu überlisten versucht. So ist der standardmäßig in einen schwarzen Bestatteranzug gewandete Glatzkopf mitunter als Vogel, Katze, Sessel, Lampe oder Regenwurm zu erleben, wobei er seinen Vorgesetzten Jeff Smart (exakt zwei Haare auf dem Kopf und immer eine Fliege umgebunden) gern bei den Kostümierungen miteinbezieht.

Die Komik entsteht dabei insbesondere durch das Prinzip der Unzerstörbarkeit der Körper

Was mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg gelingt. Kommen die Agenten einander doch regelmäßig unbeabsichtigt in die Quere. Nicht zu vergessen die Spezialwaffen des Wissenschaftlers Dr. Bakterius, dessen Erfindungen für den Geheimdienst zuverlässig unerwünschte Effekte hervorrufen – ein Mittel für klares Wasser etwa kann im Einsatz dann jegliche Flüssigkeit zum Verschwinden bringen, sodass die Agenten sehr real auf dem „Trockenen“ sitzen.

Bei „Clever & Smart“ haben die Figuren Knollennasen und kräftig-dynamische Konturen, was zum Tempo der Erzählung passt: In seinen Bildsequenzen inszeniert Ibáñez eine stetige rasende Abfolge von Jagen und Gejagtwerden, Täuschen, In-die-Falle-Tappen und kollateraler Situationskomik. Letztere ergibt sich oft aus der Till-Eulenspiegel-haften Neigung von Fred Clever, sämtliche Anweisungen wortwörtlich zu verstehen.

Das mag sinnlos erscheinen, lustig ist es allemal, und hat weniger mit Realismus als mit der psychedelischen Eigendynamik eines aus dem Ruder gelaufenen Trips zu tun. Die Neufassungen der Dialoge halten das Tempo, das die Bilder vorgeben. Allein ob gelegentliche Aktualisierungen wie „Veggieday“ lange frisch bleiben werden, ist abzuwarten. Die Rückkehr dieses dünkelfreien, antiautoritären Nonsens hilft aber womöglich dagegen, dass sich der Comic allzu ernst zu nehmen beginnt.

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