Erdöl hat Vorrang vor Tierschutz: Kongo will Nationalparks schrumpfen

Die Heimat von Berggorillas und Bonobos ist bedroht: Die Nationalparks Virunga und Salonga sollen zugunsten von Ölgebieten verkleinert werden.

Ein bedrohter Berggorilla fasst sich mit der Pfote an die Stirn, aus seinem Mund hängen Blätte

Hat womöglich bald noch weniger Platz zum Leben: Berggorilla im Virunga-Nationalpark Foto: reuters

Die Regierung der Demokratischen Republik Kongo öffnet die Nationalparks ihres Landes für die Ölindustrie. Das Kabinett in der Hauptstadt Kinshasa billigte am Freitag einen Vorschlag, zwei zum Unesco-Weltnaturerbe gehörende Nationalparks zu verkleinern, um für Ölkonzerne interessante Gebiete vom Schutz freizustellen.

Der Virunga-Park im Ostkongo, Heimat seltener Berggorillas, verliert nach der Vorlage von Ölminister Aimé Ngoy Mukena 21,5 Prozent seiner Gesamtfläche – das komplette, fast 1.321 Quadratkilometer große Ölgebiet „Block 4“ an der Grenze zu Uganda sowie 400 Quadratkilometer von „Block 5“. Der Salonga-Park mitten im Urwald des Kongo-Flussbeckens, Heimat der Bonobo-Schimpansen, schrumpft um 2.757,5 Quadratkilometer, 8,6 Prozent seiner Gesamtfläche. Zur Begründung hatte der Ölminister im März die Chance angeführt, an 6,75 Milliarden Barrel Erdöl heranzukommen, was dem Staat 7 Milliarden US-Dollar bringen würde.

Ein Vertrag zwischen Kongos staatlicher Ölgesellschaft Sonahydroc und der vom griechischstämmigen Südafrikaner Adonis Pouroulis gegründeten Comiao (Compagnie Minière du Congo) zur Vergabe zweier Ölblocks im Salonga-Park wurde bereits am 1. Februar von Präsident Joseph Kabila unterschrieben. Der Vertrag wurde allerdings nicht veröffentlicht, wie gesetzlich vorgeschrieben, und die Besitzstruktur von Comico ist unbekannt, moniert die britische Organisation Global Witness. Sie mutmaßt, dass Kabila sich mit solchen Verträgen und damit verbundenen Geldflüssen eine Schwarzkasse vor den Wahlen Ende 2018 zulegen will. Der Schutz des Salonga-Parks gehört zur deutschen Entwicklungshilfe im Kongo.

Kongolesische Naturschützer sind schon längst alarmiert. Am 4. Mai prangerten 19 Gruppen in der Provinz Nord-Kivu, wo der Virunga-Nationalpark liegt, die mit Ölsuche verbundene Umweltgefährdung an und wiesen darauf hin, dass eine vernünftige ökonomische Nutzung des Parks – einschließlich Tourismus, der allerdings seit der Geiselnahme zweier britischer Touristen vor gut einem Monat ausgesetzt ist – 1,1 Milliarden US-Dollar jährlich einbringt und 45.000 Arbeitsplätze garantiert.

Umstritten ist die gesetzliche Grundlage für eine Umwidmung der Nationalparks. Ölminister Ngoy verweist auf das geltende Ölgesetz, wonach Ölaktivitäten in Nationalparks durch Kabinettsbeschluss möglich sind. Zivilgesellschaftler René Ngongo verweist auf das geltende Umweltgesetz, wonach Rohstoffausbeutung in Schutzgebieten einer vorherigen Untersuchung der möglichen Auswirkungen sowie der Rechte der ortsansässigen Bevölkerung bedarf.

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