Verband Oxfam analysiert Supermärkte: Aldi sind Menschenrechte zu teuer

Deutschlands größte Supermarktketten tun zu wenig gegen Ausbeutung bei ihren Lieferanten. Das stellt die Entwicklungsorganisation Oxfam fest.

Eine Frau verlässt einen Aldi-Supermarkt

Haben laut Oxfam nicht genügend gute Regeln gegen Ausbeutung: Aldi und Lidl Foto: reuters

BERLIN taz Aldi, Edeka, Lidl und Rewe haben laut der Entwicklungsorganisation Oxfam miserable Regeln zur Durchsetzung der Menschenrechte bei ihren Lieferanten. „Im Vergleich zu anderen großen europäischen Supermärkten schneiden Deutschlands Big Four daher mit am schlechtesten ab“, heißt es in einem „Supermarktcheck“, den der Verband am Donnerstag veröffentlicht hat.

Zudem würden die Durchschnittseinkommen von Kleinbauern und Arbeitern in der Produktion etwa von Kaffee, Garnelen oder Bananen unter dem Existenzminimum liegen, während Supermarktketten immer mehr vom Verkaufserlös behielten.

Früheren Fallstudien von Oxfam zufolge sind Menschenrechtsverletzungen gang und gäbe in vielen Unternehmen in Entwicklungsländern, die Lebensmittel für Supermärkte in Deutschland oder anderen Industriestaaten produzieren. Als Beispiele nennt die Organisation Zwangsarbeit auf Fischkuttern in Südostasien, Niedriglöhne auf indischen Teeplantagen und Hunger auf südafrikanischen Traubenfarmen.

Die 16 nun untersuchten Handelsketten aus Deutschland, Großbritannien und den USA könnten ihre Einkaufsmacht nutzen, um solche Missstände abzustellen, so Oxfam. Nötig seien dafür Geschäftspolitiken, die den Schutz der Menschenrechte sicherstellten. So würden die Firmen „ihren Teil dazu beitragen, Leid und Ausbeutung bei der Produktion der von ihnen verkauften Lebensmittel ein Ende zu setzen“.

Doch alle Unternehmen bekommen schlechte Noten in den vier analysierten Kategorien Transparenz, Arbeiter, Kleinbauern und Frauen. Besonders negativ fallen die Firmen aus der Bundesrepublik auf. „Keine dieser vier Ketten erzielte in irgendeinem untersuchten Bereich mehr als acht Prozent der möglichen Punktzahl“, so Oxfam. „Deutschlands vier größte Supermarktketten gehören damit zu den im globalen Vergleich am schlechtesten bewerteten Unternehmen.“

Im einzelnen kritisierte die Organisation: „Keiner der bewerteten deutschen Supermärkte hat sich als Gesamtkonzern explizit in öffentlich zugänglichen Dokumenten verpflichtet, die UN-Leitprinzipien [für Wirtschaft und Menschenrechte] einzuhalten“. Diese Regeln verlangten von den Unternehmen, dafür zu sorgen, dass Menschenrechte auch in ihren Lieferketten geachtet werden.

Siegel reichen nicht

Die vier großen deutschen Ketten hätten auch keine veröffentlichten Einkaufsrichtlinien, in denen sie Lieferanten den Vorzug geben, die sich nachweislich für das Wohl ihrer Arbeiter einsetzen. Die Firmen hätten auch nicht sichergestellt, dass zum Beispiel Kleinbauern in Lieferketten mit hohen Risiken wirksame Beschwerdemechanismen nutzen könnten, um Missbrauchsfälle anzuzeigen.

Zwar verkaufen die vier deutschen Ketten auch Waren mit dem Fairtrade-Siegel. Aber das reicht Oxfam nicht. Die Organisation fordert, dass die Unternehmen zum Beispiel auch berechnen, wieviel Bauern in den jeweiligen Lieferländern verdienen müssten, um angemessen leben zu können. Doch „wesentliche Maßnahmen“ dieser Art habe nur Lidl veröffentlicht und auch da sieht Oxfam „noch viel Spielraum für Verbesserung“.

Ganz schlecht haben die vier Konzerne bei der Frauenförderung abgeschnitten. „Von den deutschen Supermärkten keiner auch nur einen einzigen Punkt bekommen“, so Oxfam. Sie würden zum Beispiel keine Informationen darüber veröffentlichen, wie viel Frauen bei ihren Lieferanten verdienen.

Dass Supermärkte solche Maßnahmen umsetzen können, zeigen Oxfam zufolge positive Beispiele aus anderen Ländern. Der britische Supermarkt Tesco etwa. Das Unternehmen habe bekanntgegeben, welche Probleme er in Sachen Menschenrechte bei sich und seinen Lieferanten er sieht.

Edeka kritisiert Oxfam wegen Sexskandals

Edeka wies die Vorwürfe von Oxfam zurück. „Die Bewertung ist intransparent und daher für uns nicht nachvollziehbar“, teilte Deutschlands größter Lebensmittelhändler der taz mit. „Des Weiteren stellen wir in Frage, ob Oxfam aufgrund des eigenen Hintergrunds die richtige Organisation für die Bewertung eines solchen Sachverhalts zum Thema Menschenrechte ist.“

Damit bezieht sich der Konzern offenbar darauf, dass Oxfam-Mitarbeiter sexuelle Dienstleistungen von Prostituierten in Haiti und dem Tschad gekauft haben. Die Organisation spricht von einem „Fehlverhalten Einzelner, woraus Oxfam Konsequenzen gezogen hat.“ Mitarbeiter seien entlassen und ein internes Meldesystem für Vorfälle dieser Art etabliert worden.

Lidl verteidigte sich damit, dass das Unternehmen immer mehr Produkte mit Siegeln verkaufe, „die unter anderem das Thema „Entlohnung“ adressieren, wie zum Beispiel „Fairtrade“ und „Rainforest Alliance“.“ Rewe kündigte Gespräche mit Oxfam an. Auch Aldi verwies zum Beispiel auf seine zertifizierten Waren. Außerdem kündigte die Kette an, zukünftig „unser Engagement für alle Stakeholder noch transparenter zu kommunizieren.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.