Hamburg führt Kennzeichnungspflicht ein: Polizisten werden zu Individuen

Nachdem Polizeiübergriffe beim G20-Gipfel nicht ermittelt werden konnten, will Hamburgs Innensenator die Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte einführen.

Behelmte Polizisten laufen beim G20-Gipfel neben einem Waserwerfer.

Wer verbirgt sich hinterm Visier? Das soll künftig per Nummer zu klären sein Foto: dpa

HAMBURG taz | Hamburgs Polizei soll transparenter werden: „Wir wollen ein Ende der Phantomdebatte, dass die Polizei etwas zu verbergen hätte“, erklärte am Freitag Innensenator Andy Grote (SPD). Und deshalb will er die Kennzeichnungspflicht für alle Polizeibeamten einführen, insbesondere für Bereitschaftspolizisten, die bei Demonstrationen und anderen Großereignissen eingesetzt werden. Und dabei scheut er vor großen Worten nicht zurück: „Wir nehmen wahr, dass von einer Polizei in der Mitte der Gesellschaft erwartet wird, dass sie erkennbar ist.“

Deshalb sollen künftig bei Einsätzen alle Beamten individuell identifizierbar werden. Bislang scheitern etliche Aufklärungsversuche der Justiz nach Auseinandersetzungen bei Großereignissen wie den G20-Demonstrationen vor einem Jahr daran, dass kein möglicher tatverdächtiger Polizist in Kampfmontur zu ermitteln war. Eben das soll sich künftig ändern, sagt Grote: „Wir wollen nicht in den Verdacht geraten, dass jemand nicht identifizierbar ist.“

Seiner Ansicht nach müsse der Staat „jederzeit nachweisen können, rechtmäßig gehandelt zu haben“, sagt Grote. Für die einzelnen Polizeibeamten entstehe dadurch kein gesteigertes persönliches Risiko: „Wir handeln sowieso immer rechtsstaatlich“, ist er überzeugt.

„Sinnvoll“ findet die Kennzeichnungspflicht auch Polizeipräsident Ralf Martin Meyer. Das sei eine Erfahrung aus der Aufarbeitung der G20-Auseinandersetzungen. Allerdings werde es sich nicht um eine namentliche Kennzeichnung handeln, sagte Meyer, sondern um eine chiffrierte.

Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten (BFE) sind spezialisierte Kräfte der Bereitschaftspolizeien der Länder und des Bundes.

In erster Linie unterstützen sie andere Einheiten beim Vorgehen gegen gewalttätige Störer und führen beweissichernde Festnahmen durch.

Hauptaufgabenfeld ist die Beweissicherung und die Festnahme von Straftätern.

Typische Einsatzbereiche sind Großveranstaltungen, bei denen gewalttätige Auseinandersetzungen zu erwarten sind: Unruhen, Demonstrationen, Fußballspiele.

Wie die genau aussehen werde, sei noch unklar, ergänzt Polizeidirektor Hartmut Dudde, der beim G20-Gipfel Gesamtpolizeiführer des umstrittenen Einsatzes war. Wahrscheinlich werde es ein „Code aus sechs Zahlen sein“, den die Beamten bei Einsätzen auf der Brust tragen. Dadurch werden jeder einzelne individuell erkennbar werden.

Zugleich aber soll als Konsequenz aus den Straßenschlachten auf dem Schulterblatt während des G20-Gipfels eine spezielle Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) mit etwa 50 „extra geschulten und hochqualifizierten Kräften“ eingerichtet werden, wie Dudde sagte. Es dürfe nicht noch einmal vorkommen, dass die Polizei stundenlang auf ein Spezialeinsatzkommando der Bundespolizei warten müsse, um Gewalttäter von Hausdächern holen zu können. „Wir wollen selbst handlungsfähig sein“, sagte Dudde.

In spätestens einem Jahr soll die schnelle Eingreiftruppe einsatzbereit sein. Zuvor müsse der Plan noch von der Bürgerschaft beschlossen werden, zudem seien mit den Polizeigewerkschaften und Personalräten „noch einige Details zu besprechen“, sagt Grote. Das Konzept werde aber umgesetzt, ist er sicher, denn „Transparenz gehört zu unserem Selbstbild“.

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