Ökologische Schifffahrt: Mit Gas und Wind über die Ostsee

Die Passagierfähre „Viking Grace“ ist ohnehin schon umweltschonend, weil sie Flüssiggas nutzt. Nun bekommt sie ein neues Rotorensegel.

Ein Kran steht neben einem Schiff

Sieht aus wie ein Schornstein, wird aber ein Segel: die „Viking Grace“ beim Umbau Foto: Viking Line

STOCKHOLM taz | Der neue „Schornstein“ der Ostseefähre „Viking Grace“ ist eigentlich ein Segel – ein rotierendes Segel. Das topmoderne Schiff, das mit Flüssiggas (LNG) angetrieben wird, bekam vergangene Woche im finnischen Turku den neuen Turm auf das Deck gebaut. Seitdem fährt die Fähre täglich bis zu 2.800 Menschen zwischen Finnland und Schweden mit zusätzlicher Antriebshilfe durch Windkraft hin und her. Das Schiff gilt mit einem um 30 Prozent niedrigeren Klimagasausstoß im Vergleich zu Schiffsdiesel schon jetzt als „umweltfreundlich“. Nun sollen mit dem neuen Windrotor bis zu 1.000 Tonnen CO2-Ausstoß jährlich vermieden werden.

„Hinter der Technik steckt das lange bekannte physikalische Prinzip, dass man aus einem rotierenden Zylinder Kraft gewinnen kann“, erklärt der Schiffsbauingenieur Kai Levander. Der Magnus-Effekt, benannt nach dem im 19. Jahrhundert lebenden deutschen Physiker Heinrich Gustav Magnus, war erstmals in den 1920er Jahren im Schiffsantrieb zum Einsatz gekommen. Bläst Wind auf einen solchen auf einem Schiffsdeck montierten rotierenden Zylinder, wird die Luft in Rotationsrichtung ­beschleunigt. Es entsteht ein Unterdruck – und damit ein Sog –, der das Schiff vorwärtstreibt.

Über zusätzlichen Antrieb durch solche Rotoren verfügen mittlerweile einige Frachtschiffe, wie die „E-Ship 1“ der deutschen Windkraftfirma Enercon oder die „Estraden“. Bei diesem finnischen RoRo-Schiff hat man seit drei Jahren mit einer Weiterentwicklung der Rotoren Erfahrungen gesammelt, die nun auch bei der „Viking Grace“ genutzt werden. Dabei funktionieren sie vollautomatisch je nach Windstärke und -richtung. Bei der „Estraden“ konnte mithilfe von zwei Rotoren damit eine Treibstoffersparnis von 6,1 Prozent erreicht werden.

Die fünf Jahre alte „Viking Grace“ ist nun nicht nur das erste Passagierschiff mit einem solchen Windantrieb, sondern auch das erste Schiff, das LNG- und Windantrieb kombiniert. Ein derzeit in China neu gebautes Fährschiff mit Flüssiggas-Antrieb, das die Viking-Reederei ab 2020 in der Ostsee einsetzen will, wird von vorneherein mit zwei entsprechenden Rotoren ausgestattet sein.

Bis zu 25 Prozent Treibstoff einsparen

Kai Levander ist überzeugt, dass Windrotoren wie die auf der „Viking Grace“ – dort hat er eine Höhe von 24 und einen Durchmesser von 4 Metern – in der Schifffahrt eine Zukunft als zusätzlicher Schiffsantrieb haben werden. Die Einsparkapazität auf relativ kurzen Routen, wie bei Querung der Ostsee, sei allerdings stark von den Windverhältnissen abhängig. 5 Prozent seien sicher immer zu erreichen und bis zu 10 Prozent möglich.

Der eigentliche Markt werde vermutlich weniger im Fährschiff- und Passagierverkehr liegen als im Fracht- und Tankschiffverkehr auf längeren Ozeanrouten. Dort könne sogar eine Ersparnis beim Brennstoffverbrauch von 25 Prozent erreicht werden: „Mit einem Rotorsegel lässt sich eine zehnmal größere Kraft als mit einem normalen Segel erzeugen.“ Die Investition in einen solchen Rotorsegel rechne sich durch den geringeren Brennstoffverbrauch nach fünf bis acht Jahren.

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