Klimapolitik der Bundesregierung: Wir wollen die Energiewende, aber …

Ein Gutachten fordert den rasanten Ausbau der Öko- Energie – und den Rückgang der Fossilen. Damit tut sich Deutschland schwer.

Dampfwolken ziehen vom Kraftwerk Schkopau in den Abendhimmel

Das Kraftwerk Schkopau in Sachsen-Anhalt verarbeitet bis zu 6 Millionen Tonnen Braunkohle im Jahr Foto: dpa

BERLIN taz | Es war seine erste große energiepolitische Rede, doch eine klare Botschaft gab es nicht: Beim „Energiewendedialog“ der Bundesregierung im Auswärtigen Amt hat Peter Altmaier am Dienstag einerseits engagiert für die Energiewende geworben. „Wir brauchen die Energiewende, weil wir Wohlstand für 8 Milliarden Menschen weltweit erreichen wollen“, sagte der CDU-Politiker vor rund 2.000 Diplomaten, Experten und Wirtschaftsvertretern aus 95 Ländern.

Andererseits zeigt sich Altmaier bei der Umsetzung dieses Ziels im Inland wenig ambitioniert. Mit seiner Ankündigung, den CO2-Ausstoß aus Kohlekraftwerken bis zum Jahr 2030 im Vergleich zu 1990 um 60 Prozent zu reduzieren, blieb der Wirtschaftsminister nicht nur hinter Forderungen von Umweltverbänden zurück, sondern sogar hinter dem von der letzten Regierung beschlossenen und im Koalitionsvertrag bekräftigten Klimaschutzplan 2050. Und auf das Ziel für 2020, das die Regierung zwar nicht vollständig, aber „so weit wie möglich“ erreichen will, ging der Minister gar nicht ein.

Die deutsche Zurückhaltung stand auch im deutlichen Gegensatz zur Studie „A Roadmap to 2050“ (PDF), die die Internationale Agentur für erneuerbare Energien (Irena) für die Bundesregierung erstellt und am Dienstag präsentiert hat. Demnach ist es immer noch möglich, die weltweiten Klimaziele durch eine globale Energiewende zu erreichen – aber dafür müssen sich Energiewirtschaft, Verkehr, Industrie und Politik auf der ganzen Welt grundlegend und sehr schnell verändern.

Das Klimaziel, den Temperaturanstieg bis 2100 auf maximal 2 Grad Celsius zu begrenzen, sei „technisch machbar und wäre wirtschaftlich, sozial und umweltpolitisch vorteilhafter als der jetzige Pfad“, heißt es in der Studie. Mit dem Zubau von Erneuerbaren und hoher Energieeffizienz seien „90 Prozent der CO2-Reduktionen erreichbar“, die das Pariser Abkommen zum Klimaschutz fordere.

Das Leben der Menschen werde deutlich besser

Um das zu erreichen, ist aber eine gewaltige Kraftanstrengung notwendig: Öko-Energien müssten weltweit sechsmal so schnell ausgebaut werden wie bisher, ihr Anteil am Strommix müsste bis 2050 von derzeit 25 auf 85 Prozent steigen. Gebäude müssen dreimal so schnell energetisch saniert werden wie bisher, die Investitionen in grüne Techniken um 30 Prozent steigen.

Hoffnung machen den Autoren die schnell sinkenden Kosten für Wind- und Solarstrom. Allein bis 2020 werde sich der Preis von Solarstrom gegenüber 2015 noch einmal halbieren, erwartet die Irena.

Diese globale Transformation bringe viele Vorteile, so Amin: Zwar koste die Energiewende 2050 jährlich etwa 1,7 Billionen US-Dollar an Investitionen – aber sie spare auch 6 Billionen durch weniger Schäden an Gesundheit und Umwelt ein. Das Leben der Menschen werde vor allem in Ländern wie Mexiko, Brasilien und Ozeanien deutlich besser, aber auch Afrika und Europa würden profitieren, es gebe viele „Win-win-Optionen“, sagte Irena-Direktor Adnan Amin.

Allerdings gebe es auch Verlierer: Laut Studie verschwinden weltweit die Jobs von 7,4 Millionen Menschen in der Kohle, Öl und Gas – aber dafür werden auch 19 Millionen Jobs bei den Öko-Energien geschaffen. Für Kohle und Öl sieht das Papier einen Rückgang um 85 beziehungs­weise 70 Prozent bis 2050 vor – eine Einschätzung, die andere Agenturen und Institute nicht teilen. Die Internationale Energieagentur etwa rechnet damit, dass der weltweite Bedarf an Kohle, Öl und Gas 2050 höher sein wird als heute.

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