Proteste gegen Steuerreform in Frankreich: Der Aufstand der RentnerInnen

Wer eine hohe Rente bekommt, soll künftig höhere Abgaben zahlen. Die Betroffenen protestieren dagegen, die „Milchkühe“ der Politik zu sein.

Eine ältere Frau trägt bei einer Demo in Paris ein Schild mit der Aufschrift "Hände weg von meiner Rente"

„Hände weg von meiner Rente“: Demonstrantin am Donnerstag in Paris Foto: ap

PARIS taz | Am Donnerstag haben in zahlreichen französischen Städten Tausende von RentnerInnen gegen Steuerreformen protestiert, die auf Kosten ihrer Kaufkraft gehen würden. Wie es Staatspräsident Emmanuel Macron in seinem Wahlprogramm angekündigt hatte, will nämlich die Regierung, dass die EmpfängerInnen von Altersrenten von mehr als 1283 Euro monatlich mit erhöhten Abgaben die Steigerung der Kaufkraft der Erwerbstätigen finanzieren.

Diese Umverteilung bestärkt die Senioren in ihrem unbehaglichen Gefühl, seit Jahren die „Milchkühe“ der Finanz- und Steuerpolitik zu sein. In mehreren Städten hat sich das Personal der öffentlichen Altersheime ihrem Protest angeschlossen, das wie schon Ende Januar mit einem Streik mehr Mittel und Stellen für die Betreuung fordert.

Auch bei seinem Besuch eines Berufsbildungszentrums in Tours am Mittwoch wurde Macron von einer Gruppe von Rentnerinnen erwartet. „Sie wollen unsere Renten kürzen“, warf ihm eine etwa 80-jährige Frau vor. „Stimmt nicht!“, widersprach der Präsident, der sich vor den Kameras auf die Diskussion einließ.

Er versuchte dann den skeptisch dreinschauenden Gesprächspartnerinnen zu erklären, dass es letztlich in ihrem eigenen Interesse sei, mit mehr Abgaben die Kaufkraft der Aktiven und die Beschäftigung im Land zu fördern, weil so die Erwerbstätigen mit ihren Lohnabzügen wiederum die Altersrenten finanzieren könnten. Ein weiteres für die Reform vorgebrachtes Argument beruht auf statistischen Angaben: Die Betagten im Ruhestand seien mit einer Durchschnittsrente von 1283 Euro im Monat besser gestellt als die Lohnempfänger.

„Verwöhnte Generation“?

Die Rentner überzeugt das allerdings nicht: Für rund 60 Prozent von ihnen mit mehr als 1283 Euro Steuereinkommen soll die französische Sozialsteuer (Contribution sociale généralisée) immerhin von 6,6 auf 8,3 Prozent des Einkommens steigen. Das bedeutet für die Betroffenen happige Einbußen von 40 Euro oder mehr.

Ungerecht finden es viele von ihnen, dass kein Unterschied zwischen Wohnungs- oder Hauseigentümern und Mietern gemacht wird. Und für geradezu skandalös halten sie es, dass die Regierung sie als „Privilegierte“ oder wie ein Abgeordneter als „verwöhnte Generation“ darstellen möchte, um ihre Steuerreformen zu rechtfertigen. Rund eine Million der Rentner leben unter der offiziellen Armutsgrenze von monatlich 1015 Euros.

Die Regierung muss also aufpassen, das sie nicht eine wichtige Wählerschaft gegen sich aufbringt. Falls Macron sich 2022 für eine Wiederwahl stellen möchte, könnte es sich rächen, dass die aus dem Berufsleben ausgeschiedenen Senioren sich von ihm als verachtet und benachteiligt betrachten.

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