Mord an Studentin Maria L.: Die Schuld des Hussein K.

Im Prozess im Landgericht Freiburg wird am Donnerstag ein Urteil erwartet. Der Angeklagte muss mit einer harten Strafe rechnen.

Hussein K. vor Gericht

Der Angeklagte Hussein K. vor dem Freiburger Landgericht Foto: dpa

KARLSRUHE taz | Nach einem halben Jahr soll am Donnerstag der Prozess gegen Hussein K. zu Ende gehen. Die Besucherschlange vor dem Freiburger Landgericht ist in dieser Zeit immer kürzer geworden. Die AfD hat ihre Hetzbanner schon nach dem ersten Prozesstag wieder eingerollt. Und auch jene im Publikum, die in solchen Fällen am liebsten kurzen Prozess machen würden, sind offenbar bald müde, den Altersgutachten der Experten und den Aussagen der teils aus Griechenland angereisten Zeugen geduldig zu lauschen.

Der Mordfall hat Freiburg und die Republik bewegt. Im Oktober 2016 wird die Leiche von Maria L. in der Dreisam gefunden. Die junge Frau wurde in der Nacht mißbraucht und gewürgt, am Ende ertrank sie bewusstlos im Fluss. Neun Wochen später nimmt die Polizei Hussein K. als mutmaßlichen Täter fest, einen vermeintlich minderjährigen Flüchtling aus Afghanistan.

Neben einer gerechten Strafe kann ein solcher Prozess, der von allen Parteien umsichtig geführt worden ist, noch etwas anderes leisten: Die aufgebrachte Stimmung mit Fakten und Aufklärung wieder versachlichen. Die Freiburger Jugendstrafkammer unter der jungen Vorsitzenden Kathrin Schenk hat keinen Aufwand gescheut, Lügen und Halbwahrheiten des immerhin geständigen Täters Hussein K. zu widerlegen. Seine Handy-Daten wurden aufwändig ausgelesen, um ein minutiöses Bewegungsbild von der Tatnacht zu zeichnen. Mit Hilfe eines gezogenen Zahns von Hussein K. konnte nachgewiesen werden, dass er zwischen 22 und 26 Jahren alt ist und nicht 17, wie K. stets behauptet hatte. Hussein K. wird also nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt.

„Es sitzt hier ein Straftäter auf der Anklagebank und nicht die Flüchtlingspolitik“, stellte Oberstaatsanwalt Eckart Berger mit Blick auf die öffentliche Meinung klar. Das stimmt, und es stimmt auch wieder nicht. Denn jeder Mordprozess ist auch für die Öffentlichkeit eine Projektionsfläche. Das sagte der Pflichtverteidiger von Hussein K., Sebastian Glathe.

Natürlich hat die Tat eines Flüchtlings an der Studentin Maria L. eine politische Dimension. Sie hat, ähnlich wie die Silvesternacht von Köln und der Anschlag vom Breitscheidtplatz, die Willkommenskultur verändert. Es gibt auch Erkenntnisse aus Ermittlungen und dem Prozess, die Reaktionen der Politik verlangen. Hussein K. wurde es bei den Befragungen von Behörden allzu leicht gemacht, sein Alter und seine Herkunft zu verschleiern.

Auf vorsätzliche Täuschung seien die Systeme nicht ausgerichtet, sagten gleich mehrere Behördenmitarbeiter im Prozess. Zudem zeigt der Freiburger Fall auch, wie 2015 durch Schlamperei und Überforderung Regeln zur Unterbringung von jugendlichen Flüchtlingen missachtet wurden. Und offenbar hat auch Mancher in den sozialer Einrichtungen den Zustrom von Flüchtlingen genutzt, dem Staat zu hohe Betreuungskosten in Rechnung zu stellen. Die Freiburger Staatsanwaltschaft ermittelt derzeit wegen Betrugs gegen Mitarbeiter der Sozialträger „Wiese“, die für die Betreuung von Hussein K. zuständig waren.

Schon 2013 griff Hussein K. eine junge Frau auf Korfu an

Das Gericht verwendete einige Mühe darauf, die erste bekannte Gewalttat von Hussein K. auf Korfu zu rekonstruieren. 2013 griff er eine junge Frau an und stürzte sie eine zehn Meter tiefe Klippe hinab. Dass Hussein K. trotz einer Verurteilung in Griechenland vorzeitig frei kam, dass den deutschen Behörden verborgen blieb, wer da als vermeintlich alleinreisender Minderjähriger nach Deutschland gekommen ist, dafür tragen die griechischen Behörden die Verantwortung.

Doch für den Tod von Maria L., daran lässt auch das psychologische Gutachten keinen Zweifel, ist niemand anderes als der Angeklagte selbst verantwortlich. Zeugenaussagen, Bilder von Überwachungskameras und Rekonstruktionen am Tatort belegen, dass die Attacke auf Maria L. von Anfang an sexuell motiviert war und keine spontane Tat, wie er in seinem Geständnis behauptet hatte. Beide Taten zeichnen das Bild eines offenbar kaltherzigen Täters, der voll schuldfähig ist und sein Umfeld geschickt zu manipulieren wusste. Auch in seinem Schlusswort kann K. dieses Bild nicht erschüttern.

Bernhard Kramer, der Vertreter der Nebenklage, stellte in seinem Plädoyer noch einmal klar, dass die Familie von Maria L., die er vertritt, „nicht von Rache oder Hass geleitet“ sei. Sie wollten wissen, wie es wirklich war, sagt Kramer. Vor allem aber wollten sie, „dass anderen Menschen nicht das Gleiche passiert wie ihrer Tochter“. Er fordert, wie auch der Staatsanwalt, eine Verurteilung wegen Mordes, die Feststellung der besondereren Schwere der Schuld, die eine vorzeitige Entlassung unmöglich macht, und anschließend die Sicherheitsverwahrung von Hussein K.

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