Gastkommentar Nachwahl Pennsylvania: Eine Trendwende – aber wohin?

Die Nachwahlen in Pennsylvania sind ein Sittengemälde der USA heute. Gewinnen wollen die Demokraten mit einer Politik für Trump-Anhänger.

Der demokratische Kandidat für den Congress lässt sich in der Menge feiern

Ein Demokrat, der Trump-Anhänger gewinnen will Foto: reuters

BERLIN taz | All Politics is Local, lautet ein alter Wahlspruch der amerikanischen Politik, wonach lokale Netzwerke Kampagnengelder, Fernsehminuten und weitere Zuwendungen von außen am Ende übertreffen. Der Aufmerksamkeitsfokus der amerikanischen Durchschnittswähler ist der Kirchturm, Weltpolitik lässt sie kalt und gegenüber Washington D.C. pflegen sie eine gehörige Distanz.

Doch wie die Provinz mittlerweile mit Geld überflutet wird, hat das Kopf-an-Kopf-Rennen um den 18. Wahlbezirk in Pennsylvania, südlich der Stahl-Metropole Pittsburgh bewiesen. Trump hatte ihn bei der Präsidentenwahl mit gut 20 Prozentpunkten Vorsprung mit dem Versprechen gewonnen, Kohle und Stahl zu neuer Blüte zu verhelfen, jetzt war er plötzlich in Gefahr.

Das Minidrama bot ein politisches Sittengemälde der USA heute. Notwendig geworden war die Wahl, weil der bisherige Congressman Tim Murphy, der in der Öffentlichkeit den strikten Abtreibungsgegner mimte, seine schwangere Geliebte per SMS zur Abtreibung gedrängt hatte. Das Rennen zwischen dem farblosen GOP-Bewerber Rick Saccone und seinem jungen demokratischen Herausforderer Conor Lamb – beide ehemalige Soldaten, streng gläubige Christen, Abtreibungsgegner und Gegner einer strengeren Waffenpolitik – war dann eines zwischen zwei Rechtsparteien. Importzölle auf Stahl, Aluminium und alles Mögliche finden beide Kandidaten gleichermaßen okay.

Trump war alarmiert, dass nach der verlorenen Wahl in Alabama im Dezember 2017 eine Kettenreaktion bis zu den Midterm Elections 2018 ausgelöst werden und die republikanische Mehrheit im Kongress dahinschmelzen könnte. All politics is local bekommt hier einen neuen Sinn, denn in Sorge um seine Provinz zerreißt der Präsident eine komplizierte Welthandelsverflechtung. Zugleich indiziert diese Wahl, wie die Demokraten im Herbst die schon vor acht Jahren verlorengegangene Mehrheit im Kongress zurückerobern wollen: In den „roten Hochburgen“ mit Kandidaten, die eine Trump-Politik für Trump-Anhänger betreiben, die sich von der Person und Rhetorik Trumps abgestoßen fühlen, die seiner Politik für „das eine Prozent“ ihre Zustimmung verweigern, gleichwohl eine protektionistische Handels- und nationalistische Außenpolitik verfolgen. Darüber dürfen andere Benachteiligte nicht vergessen werden und erst recht nicht, dass heute alle Politik „glokal“ sein muss.

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