Kennzeichnungspflicht für Polizisten: Nur eine Nummer

Am Mittwoch diskutiert die Bürgerschaft auf Antrag der FDP und der Linken eine Kennzeichnung von Polizisten. Rot-Grün hat das Thema drei Jahre lang liegen lassen.

Polizisten in blauen Overalls mit Brustschutz, Schienbeinschutz, Handschuhen und Helmen mit herunter geklapptem Visier.

In ihrer Kampfmontur sind Hamburger Polizist*innen oft schwer zu unterscheiden Foto: dpa

HAMBURG taz | Eigentlich ist es ein Thema aus dem Koalitionsvertrag von SPD und Grünen aus dem Jahr 2015. Doch jetzt machen die FDP und die Linke den Regierungsparteien Beine: Für die Bürgerschaftssitzung am Mittwoch haben beide beantragt, dass Polizisten im Einsatz künftig gekennzeichnet sein sollen. Die Gewerkschaft der Polizei hält diese Forderung für „sachlich unbegründet“.

Dass Polizisten Namensschilder oder Nummern tragen sollen, wird immer wieder diskutiert und ist in anderen Bundesländern sowie in manchen Nachbarstaaten Praxis. Auftrieb bekommen hat die Diskussion durch die vielen Beschwerden über die Polizei wegen ihres Einsatzes beim G20-Gipfel. Überdies hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) im November 2017 Deutschland verurteilt, weil behelmte Polizisten bei einem Einsatz in München keine Namensschilder trugen.

Der Gerichtshof kritisierte, dass die Anschuldigungen gegen die Polizisten nicht in angemessener Weise untersucht wurden: Diese hätten keine individuellen Erkennungszeichen getragen. Die Strafverfolger hätten sich aber auch nicht bemüht, diesen Mangel durch besondere Ermittlungsanstrengungen zu beheben.

Sowohl die FDP als auch die Linke beziehen sich in ihren Anträgen auf dieses Urteil. Die FDP fordert, Polizisten sollten bei Einsätzen in geschlossener Formation „eine chiffrierte Kennzeichnung tragen, die sich mit jedem Einsatz nach dem Zufälligkeitsprinzip ändert“. Wegen des staatlichen Gewaltmonopols müssten Bürger darauf vertrauen können, dass die Polizei im Rahmen der Gesetze agiere und staatliches Handeln jederzeit juristisch überprüfbar sei.

Das gebiete die Gewaltenteilung argumentiert die Linke. Alle Dienstkräfte der Verwaltung und Polizei, müssten sich ausweisen, fordert die Linke. Auf Verlangen müssten sie ihre Dienstkarte und Dienstnummer aushändigen. Alle müssten gut sichtbar ein Namensschild tragen, bei geschlossenen Einsätzen eine Buchstaben-Ziffern-Kombination.

Gegen Polizeibedienstete laufen im Zusammenhang mit dem G20 aktuell 145 Ermittlungsverfahren. Davon wurden 65 von Amts wegen eingeleitet.

Gegen Bürger laufen im Zusammenhang mit dem Gipfel 3.100 Ermittlungsverfahren, mehr als 700 davon gegen namentlich Beschuldigte.

Der Antrag wird in der Bürgerschaft debattiert werden. SPD und Grüne wollen ihn mit ihrer Mehrheit in den Innenausschuss überweisen. „Das zeigt, dass es ein wichtiges Thema bleibt“, sagt Renate Pinzke, Fraktionssprecherin der Grünen. „Die Koalition hat das Thema auf dem Schirm und wir werden das in den nächsten Monaten abarbeiten“, versichert Sören Schumacher, der innenpolitische Fachsprecher der SPD-Fraktion. Sachverständige würden gehört, alle Aspekte würden sorgfältig abgewogen.

Antje Möller, die Fachsprecherin der Grünen, hatte in der taz angekündigt, die Koalition werde sich im ersten Quartal 2018 über eine Kennzeichnung einigen und vorher mit den Gewerkschaften sprechen. „Bis jetzt ist noch niemand an uns herangetreten“, sagt Gerhard Kirsch, der Landeschef der GDP. Nach Angaben der Dienststelle für interne Ermittlungen sei in Hamburg „kein Fall bekannt geworden, dass ein Beamter, der einer Straftat beschuldigt wurde, nicht ermittelt werden konnte“.

Die Innenbehörde erinnert daran, dass der EGMR eine Menschenrechtsverletzung nicht allein aus einer fehlenden Kennzeichnung ableite. Vielmehr müssten die Behörden ihre Aufklärungspflicht vollständig erfüllen und die Beamten identifizierbar sein. „Das ist uns bisher auch gelungen“, sagt Behördensprecher Frank Reschreiter.

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