Berliner Wochenkommentar I: Kreuzberg sucht Königsweg

Das Areal am Landwehrkanal , die Ratiborstraße 14, soll Standort für eine „Modulare Flüchtlingsunterkunft“ werden. Das gibt Diskussionen – und wirft Fragen auf.

Bau einer Modularen Flüchtlingsunterkunft. Neue Standorte werden gesucht Foto: dpa

So richtig schlau kann man nicht werden aus dem Vorgehen des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg in Sachen Ratiborstraße 14. Am Montag hat Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) endlich das Areal am Landwehrkanal besucht, das sie und ihr Bezirks­amtskollegium im vorigen Sommer als Standort für eine „Modulare Flüchtlingsunterkunft“ (MUF) vorgeschlagen haben. Das gab zuletzt mächtig Stunk, denn das Gelände steht nicht leer – auch wenn das auf Luftaufnahmen wegen des vielen Grüns so aussehen mag. In den Kleinbetrieben dort arbeiten rund 80 Menschen – und die haben nun verständlicherweise Angst vor Verdrängung.

Müsst ihr aber gar nicht, sagen Herrmann und ihr Stadtrat Florian Schmidt seit Wochen unisono. Denn, Achtung, jetzt kommt’s: Wir wollen ja gar keine MUF! Ziel sei vielmehr ein „integratives Konzept“, mit dem das Gewerbe erhalten bleibt UND Wohnen für Geflüchtete möglich wird. Oder, wie Herrmann nach ihrem Besuch in einem kurzen Schlagabtausch auf Twitter dem BVV-Abgeordneten Oliver Nöll (Linke) schrieb: „Wir wollen Wohnen für alle und keine solitären Unterbringungseinheiten.“

Es geht um günstigen Wohnraum für Zehntausende

Nun ist durchaus nachvollziehbar, dass die Kreuzberger Bürgermeisterin keine Freundin von MUFs ist. Die Befürchtung, dass die plattenbauartigen Klötze, die Platz für 250 bis 450 Menschen bieten, eher die Ghetto-Bildung befördern als die Integration in gewachsene Nachbarschaften, hört man immer wieder. Andererseits geht es aber darum, günstigen Wohnraum für Zehntausende Menschen zu schaffen. Das geht nicht mit einem kleinen Wohnprojekt hier, einem „behutsamen“ Dachausbau dort. Von wegen Kleckern und Klotzen und so.

Außerdem: Was bringt es, dem Senat den Bau genau eines solchen Hauses anzubieten, nur um gleichzeitig der Gegenseite zu signalisieren, dass man es gar nicht will – sondern ein völlig anderes, kleines, feineres. Wenn man gemein wäre, würde man sagen, typisch Kreuzberger Grüne: Erst zustimmen, dann kritisieren – und wenn es doch so kommt, ist der Senat schuld. Aber seien wir erst mal optimistisch: Vielleicht findet Kreuzberg ja tatsächlich den Königsweg. Schön wär’s ja.

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