Türkische Einrichtungen in Deutschland: Mit Mollis gegen Militäroffensive?

Noch ist unklar, wer am Wochenende Moscheen angezündet hat. Ein Bekennervideo von kurdischen Aktivisten steht im Fokus der Ermittlungen.

Kriminaltechniker der Polizei gehen in ein von einem Feuer zerstörtes Gebäude an der Berliner Kühleweinstraße, in der ein Moscheeverein untergebracht ist

In einem Moscheeverein in Berlin-Reinickendorf hat es am Sonntag gebrannt Foto: dpa

BERLIN taz | Auf 18 Sekunden Videomaterial stützt sich der Verdacht, dass Kurden hinter einer Serie gezielter Brandanschläge auf türkische Einrichtungen in ganz Deutschland stecken könnten. Dabei wurden seit Freitag drei Moscheen, ein Vereinsheim und ein Gemüseladen sowie ein Kulturzentrum und ein Supermarkt zum Teil schwer beschädigt. Einen dieser Angriffe dokumentiert das Video, das auf den Webseiten wohl kurdischer Aktivisten (rojaciwan.eu sowie nuceciwan.org) zu finden ist.

In dem Film sind zwei Männer mit verpixelten Gesichtern zu sehen, die bei Nacht insgesamt vier Molotow-Cocktails auf ein einstöckiges Gebäude werfen. Getroffen wurde der deutsch-türkische Freundschaftsverein im nordrhein-westfälischen Meschede, den die Betreiber der Webseite als Heim „faschistischer Grauer Wölfe“ betitelt. Die Gruppe wird vom Verfassungsschutz als „extrem nationalisisch“ bezeichnet.

Die Staatsanwaltschaft Arnsberg, die in dem Fall ermittelt, sieht darin ein „Bekennervideo kurdischer Jugendlicher“. Oberstaatsanwalt Thomas Poggel sagte der taz, dass zwar auch in anderer Richtung ermittelt werde. Die Polizei werte derzeit Spuren am Tatort aus, fünf tatverdächtige Syrer würden vernommen. Die Männer bestritten aber jede Verwicklung in den Anschlag und seien nach derzeitigem Ermittlungsstand auch keine Kurden. Dennoch bliebe das Bekennervideo im Fokus der Ermittlungen.

Damit ist man in Arnsberg schon weiter als die Ermittlungsbehörden in Lauffen (Baden-Württemberg), Itzehoe (Schleswig-Holstein), Ahlen (Nordrhein-Westfalen) und Berlin. Ein Sprecher der Polizei Itzehoe teilte der taz mit, dass es derzeit keinen Hinweis auf kurdische Täter gebe. Allerdings konzentrierten sich die Ermittlungen auf einen Zusammenhang mit der Militäroffensive der türkischen Armee in der kurdisch-syrischen Provinz Afrin.

Verstärkter Schutz türkischer Einrichtungen

Seit Tagen kommt es in ganz Deutschland zu Protesten gerade kurdischer Personen gegen die Militäroperation der Türkei. Auch in Berlin war für Montagabend eine erneute Demonstration angemeldet. Ob ein Zusammenhang zwischen den Afrin-Protesten und der am Sonntag abgebrannten Ditib-Moschee in Berlin-Reinickendorf besteht, kann die Berliner Polizei nicht bestätigen.

„Wir prüfen das aber und haben auch die Geschehnisse in anderen Städten im Blick“, so ein Sprecher. Auch bei den Brandanschlägen auf eine Moschee in Lauffen sowie auf ein türkisches Kulturzentrum in Ahlen gibt es noch keinen Hinweis auf kurdische Täter.

Die türkische Regierung hingegen erkennt eine Beteiligung der verbotenen kurdischen Terror­organisation PKK. Diese habe den Brandanschlag von Lauffen für sich reklamiert. Allerdings war auf der Internetseite der PKK ein solches Bekenntnis nicht zu finden.

Allerdings gibt es einen weiteren Hinweis auf kurdische Täter. Am Wochenende verbreitete die Website nuceciwan.org die Erklärung einer „Kurdischen Jugendinitiative“, die zu „radikalen Aktio­nen“ aufruft: „Wenn uns niemand zuhören will, werden wir jede Innenstadt Europas in Schutt und Asche legen.“ Europa müsse verstehen, dass „wir“ nicht zulassen werden, dass Afrin fällt.

Die Kurdische Gemeinde Deutschland hat am Montag sowohl die Anschläge als auch die Gewaltaufforderung an kurdische Jugendliche verurteilt. Die Polizei in Berlin teilt auf Nachfrage mit, dass sie den Schutz türkischer Einrichtungen verstärken werde.

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