Studie der Kampagne „Unfriend Coal“: Kohle ist Allianz-versichert

Eine Studie zeigt, wie Europas große Assekuranzen an Polens Kohleexpansion mitverdienen. Deutsche Versicherungen wollen die Geschäfte prüfen.

Dampfende Kühltürme eines Kohlekraftwerks

Mit Kohlekraftwerken sind die Klimaziele nicht zu schaffen Foto: ap

BERLIN taz | Seit über einem Jahrzehnt macht die Munich Re fast jedes Jahr Gewinne von mehr als zwei Milliarden Euro – doch 2017 schlugen die Stürme zu. Die Hurrikans „Harvey“, „Irma“ und „Maria“, der heftige Monsun in Asien, all das kostete nicht nur Menschenleben, es schlug auch auf die Bilanz des weltgrößten Rückversicherers durch. Der Überschuss der Munich Re, die also die Versicherer versichert, schrumpfte auf 392 Millionen Euro. Das Extremwetter gebe einen Vorgeschmack auf das, was der Welt infolge des Klimawandels drohe, sagte Munich-Re-Vorstandsmitglied Torsten Jeworrek.

Nun zeigt eine neue Studie der internationalen NGO-Kampagne „Unfriend Coal“, dass ­Jeworreks Erkenntnis nur halbherzige Taten folgen. Das Bündnis, zu dem unter anderen die Umweltorganisationen Urgewald und Greenpeace zählen, hat ausgerechnet, dass europäische Versicherungskonzerne 1,3 Milliarden Euro in die polnische Kohleindustrie investiert haben.

Während andere Staaten Europas wie Frankreich und Großbritannien aus der Förderung des klimaschädlichen Energieträgers aussteigen, errichtet Polen neue Kraftwerke und Braunkohletagebaue. Das Land blockiert regelmäßig Klimaschutzmaßnahmen in der EU – und richtet im Dezember die nächste Weltklimakonferenz aus.

Es gibt auch Positives zu vermelden

Die Munich Re mischt über ihre Tochter Ergo Hestia bei der Expansion der Kohle in Polen kräftig mit: Mit insgesamt 21 Versicherungsverträgen halfen Ergo Hestia und Europas größter Versicherungskonzern, die Allianz, seit 2013 unter anderem beim Bau von zwei neuen Kohlemeilern in Kozienice und Opole mit. Ebenfalls im Geschäft: Aegon und Nationale Nederlanden, Aviva aus Großbritannien, Generali aus Italien und die französische Axa, Europas zweitgrößte Assekuranz.

Es gibt auch Positives zu vermelden: Viele Versicherer unterhalten seit Jahren eigene Klimaabteilungen und ziehen sich allmählich aus Geschäften mit der Kohle zurück. „Unfriend Coal“ hat ausgerechnet, dass 15 große Versicherer bereits 20 Milliarden Dollar aus Kohlegeschäften abgezogen haben. Allerdings: Die Anteile sind verkauft worden – und damit nicht aus der Welt. Trotz der Umschichtungen versichern die Konzerne weiterhin den Ausbau der Kohle. Vier Institute planen offenbar, das zu ändern: Axa, Scor, Swiss Re and Zurich.

Die deutschen Vertreter Allianz und Munich Re deuten zumindest an, ihre Geschäfte prüfen zu wollen. Die Allianz schreibt auf Anfrage der taz, man untersuche „seit 2014 grundsätzlich alle potenziell kritischen Geschäftsabschlüsse systematisch auf ESG-Risiken“ – also auf Umwelt- und Sozialrisiken. Kommende Woche werde man dazu Neuigkeiten verkünden. Die Munich-RE-Tochter Ergo ließ verlauten, sie nehme „das Thema sehr ernst“ und stelle ihre Engagements derzeit infrage.

Allianz und Ergo versichern unter anderem Kohlekraftwerke und -minen des polnischen Konzerns ZE Pak. Die Kontrakte laufen 2019 aus – die Konzerne könnten ihre Klimabilanz also durch schlichtes Nichtstun verbessern.

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