Volksinitiative zur Energiewende gestartet: Kohleausstieg von unten

Eine Volksinitiative will sicherstellen, dass nur noch „sauberer“ Strom und klimafreundliche Fernwärme aus neu gebauten Leitungen kommt.

Geht doch: Kohlendioxidneutrale Energieerzeugung – im Vordergrund Foto: Imagebroker / Imago

HAMBURG taz | Hamburg dürfte mal wieder ein Volksentscheid bevorstehen. Eine baldige Zukunft ohne die Verbrennung von Kohle will ein Bündnis von 13 Vereinen und Organisationen verbindlich festschreiben lassen.

Die Volksinitiative „Tschüss Kohle“, die am 21. Februar beim Senat angemeldet werden soll, will gesetzlich den Ausstieg aus der Erzeugung von Fernwärme durch Kohle bis 2025 erreichen; bis 2030 soll auch jede andere Form von Energiegewinnung aus diesem fossilen Stoff untersagt werden.

„Die Zeit drängt“, sagt Wiebke Hansen, Ver­trauens­frau und Sprecherin des Bündnisses: „Wir in Hamburg müssen den Kohleausstieg selber machen.“

Hintergrund ist das derzeitige Tauziehen zwischen der Stadt und dem Energiekonzern Vattenfall um Hamburgs Fernwärmenetz. Nach dem Volksentscheid vom September 2013 soll außer dem Strom- und dem Gasnetz auch die Fernwärmeversorgung der Stadt rekommunalisiert werden.

Uneinigkeit herrscht auch über das Energiekonzept. Vattenfall möchte gern auch Wärme aus seinem Kohlekraftwerk Moorburg einspeisen, die Umweltbehörde des grünen Senators Jens Kerstan will hingegen den Ausstieg aus der Kohle forcieren und die Wärmeversorgung aus vorwiegend regenerativen Quellen sichern.

Die Volksgesetzgebung wurde in Hamburg 1996 eingeführt. Sie sieht ein dreistufiges Verfahren vor:

Volksinitiative: Dafür müssen binnen sechs Monaten 10.000 Unterschriften von wahlberechtigten HamburgerInnen gesammelt werden. Die Bürgerschaft kann das Anliegen binnen vier Monaten annehmen oder ablehnen.

Volksbegehren: Nach einer Ablehnung kann ein Volksbegehren gestartet werden. Das muss binnen drei Wochen von mindestens fünf Prozent der wahlberechtigten HamburgerInnen unterschrieben werden. Die Bürgerschaft kann das Anliegen binnen vier Monaten annehmen oder ablehnen.

Volksentscheid: Nach einer Ablehnung kann ein Volksentscheid durchgeführt werden: Die Mehrheit entscheidet. Das Ergebnis ist für Senat und Parlament verbindlich.

„Diesen Ansatz wollen wir unterstützen“, sagt Hansen, „und auch über die nächste Wahl hinaus absichern.“ Die Befürchtung der Initiative ist, dass ein künftiger Senat jetzige Festlegungen und Reglementierungen wieder aufheben könnte. Ein Volksentscheid hingegen ist verbindlich, gegen etwaige Änderungsbestrebungen hätte das Volk ein Vetorecht mit nur geringen Hürden.

Deshalb will die Volksinitiative am Mittwoch zwei Gesetzentwürfe zur Änderung des Klimaschutzgesetzes und des Wegegesetzes präsentieren. Hier soll der Klimaschutz als integraler Bestandteil so festgeschrieben werden, dass der Bau neuer Leitungen für Strom oder Fernwärme aus Kohle untersagt werden kann.

Der juristische Hebel ist, die Nutzung öffentlicher Wege oder Flächen für die Verbreitung schmutziger Energie nicht erlauben zu müssen. „Klimaschutz muss für Behörden zum Versagungsgrund werden“, sagt Hansen.

Ab Mittwoch will „Tschüss Kohle“ Unterschriften sammeln. Am Ende des dreistufigen Verfahrens könnte ein Volksentscheid stehen. Als Termin peilt die Initiative den Tag der nächsten Bürgerschaftswahl vermutlich im Februar 2020 an.

Dass die Volksinitiative vor allem darauf abzielt, Vattenfall zu piesacken, will Hansen nicht bestätigen. „Es geht nicht darum, das Kohlekraftwerk Moorburg schnell abzuschalten“, sagt sie. Ziel sei, den weltweiten Temperaturanstieg und die Luftverschmutzung auch auf lokaler Ebene zu bekämpfen. Dazu müsse die Nutzung fossiler Energie beendet und der Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigt werden.

Die Erfolgschancen der Volksinitiative beurteilt sie optimistisch. Und Hansen weiß, wovon sie spricht. 2013 leitete sie für die Initiative „Unser Hamburg – Unser Netz“ die erfolgreiche Kampagne für die Rekommunalisierung der Strom-, Gas- und Fernwärmenetze.

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